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Neue Westfälische (Bielefeld): KOMMENTAR Der Pferdefleisch-Skandal rüttelt auf Nahrung ist ein Menschenrecht MATTHIAS BUNGEROTH

Bielefeld (ots)

Dieser Etikettenschwindel bewegt die Nation. Tiefgekühlte Lasagne enthielt Anteile von Pferdefleisch, obwohl dies auf der Verpackung nicht angegeben war. Ein neuerlicher Lebensmittelskandal, der wieder einmal die Diskussion befeuert, ob das Kontrollsystem der Lebensmittelproduktion und -verteilung hierzulande ausreichend funktioniert oder nicht. Doch bei näherer Betrachtung ist der sogenannte Pferdefleisch-Skandal eigentlich nur ein Symptom dafür, dass die reichen Industriestaaten dieser Welt den ethischen Zugang zur Nahrungsmittelproduktion und zur Ernährung mehr und mehr aus den Augen verloren haben. Lebensmittel sind in Deutschland zur Handelsware geworden, die zwölf Monate im Jahr in nahezu unbegrenzter Menge verfügbar ist, unabhängig vom Ort ihrer Herstellung oder ihres Anbaus. Alles nur eine Frage des Preises. Doch was es wirklich bedeutet, bei jeder Witterung ein Getreidefeld zu bestellen und abzuernten, ein Schwein zu mästen oder Obst anzubauen, das wissen viele nicht mehr. Das gilt für Erwachsene wie für Kinder gleichermaßen. Letztere sind zumeist den Genuss von Lebensmitteln mit Geschmacksverstärkern oder Aromen gewohnt und müssen mit, sicherlich sinnvollen, Initiativen wie dem NRW-Schulobstprogramm erst wieder lernen, wie ein Apfel oder eine Pflaume schmeckt, duftet und sich anfühlt. Und zu welchen Jahreszeiten das Obst hier gedeiht und geerntet wird. Das Bewusstsein für den wahren Wert der Nahrungsmittel ist uns mehrheitlich abhandengekommen. Das führt da-zu, dass wir über Lebensmittel oft gedankenlos verfügen. Wir essen Erdbeeren zu Weihnachten, Spargel im Winter und fast jeden Tag ganz viel Fleisch. Zu Dumpingpreisen auf der ganzen Welt intensiv produziert. Gleichzeitig versuchen die christlichen Kirchen und Bundesverbraucherministerin Il-se Aigner zu Beginn der Fastenzeit ein Konzept gegen den Hunger von mehr als 870 Millionen Menschen in der Welt zu entwickeln. Jeder brauche Zugang zu Nahrungsmitteln wie Land, Wasser oder Saatgut, heißt es. Doch die Fakten sind frustrierend: Alle fünf Sekunden verhungert ein Kind unter zehn Jahren. 57.000 Menschen auf dieser Welt sterben jeden Tag an Hunger. Eine Milliarde Menschen sind schwerst unterernährt. Diese Zahlen nennt der Welternährungsbericht der Vereinten Nationen. "Es gibt eine permanente Hungerkatastrophe", sagt Jean Ziegler, von 2000 bis 2008 erster UNO-Sonderberichterstatter für das Recht auf Nahrung. Als Gründe hierfür nennt Ziegler unter anderem die zunehmende Börsenspekulation auf Grundnahrungsmittel, Überschuldung der meisten Entwicklungsländer und den Agrartreibstoff. Und: "Zehn weltumspannende Konzerne kontrollieren 85 Prozent der weltweit gehandelten Grundnahrungsmittel." Es sind Fakten wie diese, die auf der Tagesordnung der Regierungen ganz oben angesiedelt werden müssen. Dann müssten wir nicht mühsam die Spur der Fleischpanscher aufnehmen.

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