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Mittelbayerische Zeitung: Leitartikel zu Merkel/EU: Zusammen ist man weniger allein von Christine Straßer

Regensburg (ots)

Die EU steht an einem Wendepunkt. Nach Jahren des Nichtentscheidens haben sich die Dinge so zugespitzt, dass nun etwas passieren muss. Die konservative Fraktion im EU-Parlament, die Europäischen Volkspartei (EVP), zurrt in München gerade ihre Ziele für die nächsten Monate fest. Sie tut gut daran, eine Antwort zu finden, auf die Frage, wo es mit Europa hingehen soll. Das sollten auch andere Parteien tun. Die EU muss sich neu aufstellen, schon deshalb, weil sie außenpolitisch ziemlich allein dasteht. Die USA unter Präsident Donald Trump behandeln die EU nicht wie einen Verbündeten, sondern wie einen Konkurrenten. Trumps Schutzzölle sind ein Wirtschafts-, sein Ausstieg aus dem Iran-Abkommen ein Sicherheitsrisiko. Auch die Beziehungen zu Russland sind angespannt, nachdem das Land die Krim annektiert hat, sich in Syrien und der Ostukraine engagiert und es zu einer Vergiftung eines ehemaligen russischen Spions in Großbritannien gekommen ist. Immerhin hat sich der russische Präsident Wladimir Putin in einem Interview mit dem österreichischen Sender ORF offen für eine Wiederannäherung gezeigt. Um ein Partner auf Augenhöhe zu sein, muss die EU aber geeint auftreten. Ein gemeinsames Auftreten der Europäer scheint zudem bei einem Blick noch weiter Richtung Osten ratsam. China investiert kräftig in Infrastrukturprojekte entlang einer neuen Seidenstraße, die bis nach Europa reichen soll, und weitet seinen Einflussbereich aus. Die Sorgen, die aus dem Inneren der EU kommen, wiegen ebenfalls schwer. Solidarität ist vielfach gefragt. Trotz anziehender Wirtschaft bleibt die Jugendarbeitslosigkeit in den südeuropäischen Ländern hoch. Italien, das gerade eine europakritische Regierung bekommen hat, und Frankreich haben weiter hohe Staatsschulden. In Polen wird der Rechtsstaat ausgehöhlt, was dem europäischen Gedanken radikal widerspricht. Großbritannien will raus aus der EU. Die Finanzen müssen neu geregelt werden. Finanzpolitische Vorstellung prallen aufeinander. Das alles ist kompliziert und hemmt die Begeisterung für die EU. Denn wer weiß schon, was einen Rettungsschirm von einem Währungsfonds unterscheidet? Und Populisten schlagen ungebrochen auf das Projekt Europa ein. "Der Erfolg Europas wird von unserer Fähigkeit abhängen, die Bürger zu schützen, die europäische Lebensweise zu erhalten, neue Hoffnung zu schaffen und den Europäischen Kontinent zu stärken", steht in dem Positionspapier, über das die EVP-Fraktion diskutiert. Der lauteste Ruf der EVP, die europäische Grenzschutzagentur Frontex personell breiter aufzustellen und ihr mehr Kompetenzen zu geben, wird mit Sicherheit erfüllt werden. Die EU muss schließlich die Kontrolle über ihre Außengrenze sicherstellen, um die Binnengrenzen offenhalten zu können. Der Erfolg der EU wird aber auch davon abhängen, wie viel die Staaten dafür tun wollen. Auch Deutschland muss sich entscheiden. Die Deutschen müssen darüber diskutieren, wie viel Europa sie sich leisten wollen - und wie viel Nicht-Europa sich leisten können. Ein erster Schritt ist, anzuerkennen, dass Europa kein reines Draufzahlgeschäft ist. Deutschland ist zwar insgesamt ein Nettoeinzahler. Heruntergebrochen auf einzelne Regionen sieht es wieder anders aus. Ostbayern profitiert zum Beispiel stark von EU-Förderungen. Und keine andere Volkswirtschaft hat so stark vom Euro profitiert wie die deutsche. Das sollten die Deutschen anerkennen, wenn es um Reformen geht. An denen sollten sie mitarbeiten und das deutlich aktiver. Niemand muss die EU, so wie sie jetzt ist, rundum mögen. Aber wer sich ärgert, sollte auch sagen, wie er sich das Europa der Zukunft vorstellt. Mit Angela Merkels Antwort auf die französischen Vorschläge ist ein Anfang gemacht. Nun kann verhandelt werden.

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