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Mittelbayerische Zeitung: Leitartikel zu China/Investitionen: Kontrolle ist besser von Christine Hochreiter

Regensburg (ots)

Für den Aixtron-Vorstandschef Martin Goetzeler war das keine schöne Bescherung: Zwei Jahre lang hatte das Management des Spezialmaschinenbauers mit einem chinesischen Konsortium die Übernahme verhandelt, kurz vor Weihnachten platzte der Deal. Andere Interessenten sind auf weiter Flur nicht in Sicht und Aixtron muss nun sehen, wie und ob es sich ohne fremde Hilfe aus den tiefroten Zahlen winden kann. Harte Einschnitte und ein Abbau von Arbeitsplätzen sind jedenfalls so gut wie vorprogrammiert. Der Fall Aixtron zeigt: Anders als häufig behauptet wird, sind chinesische Investitionen in deutsches Know-how keine Einbahnstraße. Davon profitieren nicht nur die Übernehmer (dahinter steckt oft der chinesische Staat mit seinen strategischen Interessen), sondern auch die Übernommenen. Fakt ist - bislang: Chinesische Investoren haben in deutschen Unternehmen in den vergangenen Jahren eher Stellen geschaffen als abgebaut. Die meisten Käufer aus der Volksrepublik verfolgen einen langfristigen Ansatz, von dem beide Seiten etwas haben. Aixtron-Chef Goetzeler etwa erhoffte sich einen besseren Zugang zum milliardenschweren chinesischen Markt, auf dem Konkurrenten aus den USA längst erfolgreich unterwegs sind. Die finanziell hochpotente Fujian Grand Chip Investment sollte aber nicht nur Geld für die Expansion ins Ausland, sondern auch für Forschung und Entwicklung mitbringen. Die Machthaber in Peking haben das Ziel ausgerufen, langfristig in allen Schlüsselbranchen die technologische Weltmarktführung zu übernehmen. Dafür brauchen sie auch deutsches Know-how. Und so haben 2016 die chinesischen Firmenübernahmen in der Bundesrepublik einen Höchststand erreicht. Mit Blick auf den Kaufhunger der Chinesen mehrt sich allerdings die Sorge, dass immer mehr Wissen und Können aus deutschen Unternehmen nach Asien abfließt. Vor diesem Hintergrund hatte Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel angekündigt, heimische Schlüsseltechnologien besser schützen zu wollen. Nicht zuletzt aber auch, weil der Unmut in der deutschen Wirtschaft über die chinesische Politik wächst, die hierzulande möglichst frei agieren möchte, daheim aber für ausländische Investoren hohe Hürden aufgestellt hat. Bei Aixtron kam es nicht mehr zu einer Überprüfung des Ministeriums, nachdem US-Präsident Barack Obama sein Veto gegen die Übernahme der amerikanischen Tochter eingelegt hatte. Auf Dauer könnte Chinas Hunger auf westliche Technologie zu einem massiven Problem für Deutschland und andere Industriestaaten werden. Politik und Wirtschaft sollten sich nicht von "kurzfristigen Geschäftschancen täuschen lassen", warnen denn auch Experten des Berliner China-Instituts Merics. Am Ende gehe es der Pekinger Führung darum, ausländische durch chinesische Technologien zu ersetzen. In der Konsequenz ist es richtig und wichtig, dass die Politik bei geplanten Übernahmen aus China künftig genauer hinschaut: Wie viel Markt steckt dahinter und wie viel staatliches Interesse? Wem gehört ein Unternehmen und woher kommt das Geld? Das immense chinesische Interesse an deutscher Technologie sollte überdies genutzt und benutzt werden, um Peking zu einer gleichberechtigten Öffnung des Marktes zu bewegen. Chinesischen Investoren nun ebenfalls Steine in den Weg zu legen, wäre sicherlich die falsche Option. Der Anlagenbauer Aixtron aus der Nähe von Aachen steht nach der gescheiterten Übernahme vor einer ungewissen Zukunft. Ein chinesisches Sprichwort gilt indes für die Wirtschaft und die Politik gleichermaßen: Dreimal nachdenken - dann handeln.

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