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Mittelbayerische Zeitung: Gegen rechte Reflexe
Die Antworten von Pegida auf den Terror sind ignorant und heuchlerisch. Und sie hätten fatale Folgen. Leitartikel von Sebastian Heinrich

Regensburg (ots)

Die Botschaft der internationalen Gemeinschaft sollte am Wochenende klar sein: Wir treten vereint auf gegen islamistische Gewalt. Genauso vereint sollte Europa weiter in den kommenden Tagen, Wochen, Monaten sein - wenn es darum geht, selbst ernannte Verteidiger des Abendlands in die Schranken zu weisen, die mit dem Terror von Paris ihr bräunliches Süppchen erhitzen. Es gilt jetzt, ihnen klar zu machen: Wir brauchen euch nicht. Weil eure Antworten auf den islamistischen Terror ignorant und heuchlerisch sind. Und weil diese Antworten fatale Folgen hätten. Ignorant sind die Reflexe von Pegida über Lega Nord bis Front National, weil sie "den Islam" mit dem Terror von Paris faktisch gleichsetzen. Sie ignorieren dabei den muslimischen Polizisten Ahmed Merabet, den die Terroristen vor der Redaktion von "Charlie Hebdo" hinrichteten; sie ignorieren den Moslem Lassana Bathily, der in dem koscheren Supermarkt in Paris Menschen aus der Schusslinie der Terroristen geholt hat; sie ignorieren, dass ein Großteil der 2014 weltweit getöteten Reporter Muslime waren - und dass die Opfer islamistischen Terrors in großer Mehrheit Muslime sind. Dagegen, dass diese Ignoranz sich weiter verbreitet, können die Muslime in Europa selbst viel tun: indem sie weiter aufstehen und in die Welt schreien, wie sehr sie die "Gotteskrieger" verabscheuen, die ihre Religion beschmutzen. Der Islam kann ein Friedenswerkzeug sein oder eine Waffe. Er kann Menschrechts-Vorkämpfer wie Friedensnobelpreisträgerin Malala Yousafzai inspirieren oder den barbarischen "Islamischen Staat". Es liegt an den weltoffenen Muslimen, für die Deutungshoheit über den Koran zu kämpfen - und es liegt an den Nicht-Muslimen, sie zu unterstützen. Heuchlerisch sind die Antworten der Radikalen, weil sie aus den ermordeten "Charlie Hebdo"-Redakteuren Symbolfiguren für ihren Kampf um das Abendland machen. Dabei gibt es kaum einen größeren Unterschied zwischen dem beißenden, auf alle Religionen zielenden Humor von "Charlie Hebdo" und den rassistischen Beleidigungen, mit denen Pegida-Organisatoren hantieren. Dankenswerterweise haben französische Karikaturisten selbst klargemacht, was sie von der Vereinnahmung ihrer Kollegen durch die engstirnigen Welterklärer halten. "Sie sind nichts anderes als Aasgeier", schreiben frankophone Zeichner auf Facebook über Pegida. Fatale Folgen hätten die Anti-Terror-Rezepte der Islamfeinde, weil sie gerade die Ausgrenzung vorantreiben würden, die Islamismus erst attraktiv für manche europäische Jugendliche macht. Der soziale Humus, auf dem der Hass der Fundamentalisten besonders gut gedeiht, liegt in Ghettos wie den Banlieues um Paris. Der Dschihad zieht Menschen an, die keine Perspektive sehen - weil sie allzu oft tatsächlich keine Chance auf sichere Jobs, soziale Anerkennung, Integration haben. Je kleiner für jemanden die Chancen in der westlichen Gesellschaft sind, desto verlockender erscheint ihm der Krieg für einen Schariah-Staat. Die richtige Antwort auf den Terror von Paris kann nur Aufklärung über den Islam sein - und Dialog mit seinen vernünftigen Vertretern. Sie muss aus mehr Chancengleichheit in unseren Ländern bestehen - und aus präziser geheimdienstlicher Arbeit und konsequenter strafrechtlicher Verfolgung gegenüber Terrorverdächtigen. Die Politik muss die Probleme bei der Wurzel packen, die dem radikalen Islamismus in den vergangenen 20 Jahren den Weg geebnet haben. Und Politik und Medien müssen die demokratischen Rezepte gegen den Terror erklären , damit sie die Bevölkerung dafür gewinnen. Sonst drehen die Hassprediger - Islamisten und abendländische Rassisten - weiter an der Spirale der Gewalt.

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