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Mittelbayerische Zeitung: Nicht so schlimm
Dass Angela Merkel nicht zum Uno-Gipfel nach New York reiste, ist keine Abkehr von den Klimazielen. Leitartikel von Reinhard Zweigler

Regensburg (ots)

Nun also der Hollywood-Star Leonardo DiCaprio statt Angela Merkel. Na, zumindest hat der Frauenschwarm deutsche Wurzeln. Auf dem Uno-Klimagipfel in New York hat der Schauspieler, der als Jack Dawson in der genialen "Titanic"-Verfilmung von James Cameron vor Jahren schon Weltruhm erlangte, die Welt eindringlich vor der drohenden Klimakatastrophe und dem Untergang gewarnt. Sie könnten Geschichte schreiben oder von der Geschichte verteufelt werden, appellierte DiCaprio an die historische Verantwortung der Politiker. Angela Merkel gilt eigentlich als Klima-Kanzlerin. Unvergessen sind die Bilder, als sie im roten Anorak vor den schmelzenden Gletschern Grönlands posierte. Der damalige Umweltminister Sigmar Gabriel, gewissermaßen im Partnerlook, dabei. Gestern aber blieb Merkel dem Treffen am Hudson River mit über 100 Staats- und Regierungschefs fern. Sie machte zur gleichen Zeit dem mächtigen deutschen Industrie-Verband BDI an der Spree ihre Aufwartung. Und was sie dort den Managern zum Klimaschutz sagte, war äußerst dürftig und vage. Der Grund für Merkels jetzige Einsilbigkeit ist der in der EU tobende heftige Streit über die künftigen Klimaziele. Im Oktober soll eigentlich die nächste Zielgröße für die Einsparung des klimaschädlichen CO2 und anderer Treibhausgase der 28 Mitgliedsländer beschlossen werden. Doch viele kleine, vor allem osteuropäische EU-Mitglieder, widersetzen sich dem harten Einsparziel von 40 Prozent CO2 weniger im Vergleich zu 1990. Allen voran tritt Polen auf die Klimaschutzbremse. Das Land wurde gerade durch die Beförderung seines früheren liberalen Ministerpräsidenten Donald Tusk, mit dem Merkel gut kann, zum künftigen EU-Ratspräsidenten erheblich aufgewertet. Doch Polen setzt weiterhin sklavisch auf einheimische Braunkohle bei der Stromerzeugung und will sogar Atomkraftwerke bauen, statt dem deutschen Vorbild der Energiewende zu folgen. Dass Polen und einige andere EU-Mitglieder der deutschen Kanzlerin einen Strich durch ihre Rechnung machen, ist sehr unerfreulich. Es kratzt am Image der Klima-Kanzlerin. Freilich wird das Ausscheren - oder zumindest Verzögern - Warschaus den EU-Klimazug nicht völlig aus der Bahn werfen. Auch Merkels Entscheidung, nicht nach New York zum Gipfel zu fliegen, ist keineswegs so spektakulär wie Einige weismachen wollen. Sie bedeutet auch keine Abkehr von den deutschen Klimazielen. Eine Blamage ist das jedenfalls nicht, denn in New York stehen keine wirklichen Entscheidungen an. Das Treffen ist eher eine Veranstaltung, um den guten Willen zu demonstrieren. Freilich ist auch das bereits ein Wert an sich. Vor allem nach dem gescheiterten Klima-Gipfel von Kopenhagen vor fünf Jahren, auf dem sich die Weltgemeinschaft nicht auf verbindliche Klimaschutzziele einigen konnte. Damals wollten sich die Hauptklimasünder, die USA und China, nicht bewegen. Das ist inzwischen anders. Und plötzlich hat es den Anschein, als ob die Klimavorreiterin Merkel ins Hintertreffen gerät. Doch die große Stunde Merkels kommt erst noch: im nächsten Jahr, wenn sie die G7-Chefs im Sommer in Bayern zum Gipfel empfängt. Spätestens dann müssen die Weichen für wirklichen verbindlichen Klimaschutz gestellt werden. Die großen Industrieländer vorneweg. Merkel, die hier und da im Interesse deutscher Unternehmen, etwa der Autoindustrie, schon mal strengere Umweltstandards in der EU verhinderte, muss diesen Gipfel auch klimapolitisch zu einem Erfolg werden lassen. Anders kann die nächste, die entscheidende Uno-Konferenz in Paris im Dezember 2015 nicht zum Erfolg führen.

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