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Mittelbayerische Zeitung: Bündnis der Spendierhosen - Der großen Koalition laufen die Kosten aus dem Ruder. Profitieren könnte davon die SPD. Von Reinhard Zweigler

Regensburg (ots)

Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Angela Merkel, die in der DDR aufgewachsene Pfarrerstochter mit marxistischer Grundausbildung, verfährt offenbar nach dem Grundprinzip des umstrittenen Sowjet-Revolutionärs Wladimir Iljitsch Lenin. Die Unterhändler von Union und SPD verhandeln hart, aber mit nur mäßigen Erfolgen. Vor allem aber verfahren die künftigen Groß-Koalitionäre nach dem Motto Wünsch-Dir-was. Bereits jetzt summieren sich die Mehrausgaben, die zu Papier gebracht wurden, auf eine erkleckliche zweistellige Milliardensumme. Einsparen war gestern. Wir sind so frei. Um dem Drang zum großen Geldausgeben wenigstens etwas Einhalt zu gebieten, hat Merkel die Unions-Unterhändler vergangene Woche zum Rapport einbestellt. Und bei der morgigen Spitzenrunde von Schwarz und Rot in Berlin soll gleichfalls versucht werden, Dämme zu errichten - gegen allzu sorgloses Verpulvern von Steuergeldern. Merkel und die Union stehen in dieser Frage noch weit mehr in der Pflicht als die SPD. CDU und CSU haben auf den Marktplätzen der Republik verkündet, die nächste Regierung komme ohne zusätzliche Steuern aus. Daran müssen sie sich nun messen lassen. Gleichzeitig standen freilich allerlei Wohltaten im Unions-Programm, die allein mit über 30 Milliarden Euro zu Buche schlagen würden. Wenn sie denn kommen. Ob die Union beides kann - einerseits das Füllhorn aufhalten und andererseits die Bürger nicht zu schröpfen -, wird für Merkel, Seehofer und Co. eine Frage der Glaubwürdigkeit. Denn Gabriel und der SPD kommt diese finanzielle Bredouille gar nicht ungelegen. Sie winken mit dem schlichten Hinweis, Steuererhöhungen müssten halt sein. Bei all dem schwarz-roten Geschacher der letzten Wochen - um den Kurs der künftigen Koalition in Berlin, ums Geldausgeben, um kleine Siege für die eigene Klientel - gerät völlig aus dem Blick, was von dieser großen Koalition erwartet wird: Große und nachhaltig tragfähige Lösungen für die Fragen der Zukunft unseres Landes. Vielleicht sogar Visionen für ein besseres, gerechteres, sicheres Zusammenleben in Deutschland, Europa und der Welt. Dass sich die Groß-Koalition bereits jetzt jedoch aufs Klein-Klein beschränkt, ist ernüchternd. Um größeren Streit zwischen den Regierungspartnern in spe zu vermeiden, haben beide die Spendierhosen angezogen. Aber das kann nicht gut gehen. Wie wenig bei Schwarz-Rot zusammenpasst, sieht man nicht nur beim zähen Gewürge um Mindestlohn, Pkw-Maut, Doppelpass, Steuererhöhungen oder Mütterrente, sondern auch bei der urplötzlich von CSU-Chef Horst Seehofer losgetretenen Debatte ums Kindergeld. Zwar hatte die Union mehr Geld für Kinder flott in ihr Programm geschrieben, doch - was schert mich mein Geschreibsel vor der Wahl! - hat der flotte Seehofer diesen, eigentlich wenig strittigen Punkt infrage gestellt. Die Begründung für seinen Schwenk ist obendrein scheinheilig. Alle Wahlversprechen der Union stünden unter Finanzierungsvorbehalt, meint der Bayer. Mit dem gleichen Argument müsste die Union allerdings auch Mütterrente oder Betreuungsgeld zur Disposition stellen. Oder will der CSU-Chef mit seinem Vorstoß etwas ganz anderes bewirken? Etwa SPD und CDU(!) dazu drängen, auf gar keinen Fall Abstriche am Betreuungsgeld vornehmen und die Mütterrente passieren zu lassen? Es geht zu wie auf einem Basar. Es wird getrickst, gedroht, gefälscht und gefeilscht. Uns alle könnte das jedoch noch teuer zu stehen kommen.

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