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Mittelbayerische Zeitung: EU muss Verantwortung für Flüchtlinge übernehmen Wirtschaftshilfe statt Abschottung: Einwanderung darf nicht länger als Abwehrpolitik verstanden werden. Von Hanna Vauchelle

Regensburg (ots)

Nach der Flüchtlingskatastrophe vor Lampedusa übertreffen sich Europas Politiker gegenseitig an Betroffenheit. Dabei war dies wahrhaftig nicht das erste Unglück dieser Art. Laut Uno-Flüchtlingshilfswerk sind seit Anfang 2011 mindestens 2000 Menschen auf ihrer Flucht in die EU im Mittelmeer umgekommen. Dass jetzt auf einmal dieselben Politiker nach tiefgreifenden Reformen und gar einer "humanen EU-Flüchtlingspolitik" rufen, ist eine Farce. Schließlich haben sie das in weiten Teilen bisher verhindert. Die EU hat ein Glaubwürdigkeitsproblem: Während sie sich im Umgang mit Drittstaaten gerne als Hüterin der Menschenrechte aufspielt, gelingt es ihr nicht, diese Rechte auf dem eigenen Territorium durchzusetzen. Denn sicher ist: Viele der in den letzten Jahren ertrunkenen Flüchtlinge hätten einen legitimen Anspruch auf Asyl gehabt. Dass sie es gar nicht erst schafften, europäischen Boden zu betreten - dafür trägt auch die EU Verantwortung. Viel zu lange hat man in Brüssel bei der Sicherung der Grenzen auf die diktatorischen Regimes in Tunis und Tripolis gebaut. Die Schergen Ben Alis und Gaddafis sorgten dafür, dass Flüchtlinge an der Fahrt übers Mittelmeer gehindert wurden. Seit dem Fall der Regimes haben nun Schlepperbanden an den Küstenabschnitten das Sagen und schicken regelmäßig Hunderte Verzweifelte in Schrottbooten Richtung Europa. Insofern stimmt es, dass der Kampf gegen diese kriminellen Machenschaften intensiviert werden muss. Doch die EU trägt für den Tod dieser Menschen auch aus einem weiteren Grund Verantwortung: Europa ist so sehr damit beschäftigt, seine Grenzen dicht zu machen, dass Flüchtlinge kaum Chancen haben, auf legalem Weg in die EU zu kommen. Dass gleichzeitig jedoch reiche Ausländer in zahlreichen Mitgliedsstaaten über den Erwerb einer Immobilie eine Aufenthaltserlaubnis bekommen, ist reiner Zynismus. Das gilt auch für das Herzstück der gemeinsamen EU-Asylpolitik, die sogenannte Dublin-Verordnung. Während Länder wie Italien, Malta oder Griechenland immer wieder von einer illegalen Einwandererwelle überschwemmt werden, sind die übrigen Staaten aus dem Schneider. Denn nach wie vor ist der jeweilige Einreisestaat für ein Asylverfahren zuständig. Von einer Lastenteilung, wie sie einst angestrebt worden war, kann als also keine Rede sein. Eine Reform der Flüchtlingspolitik, darunter das gemeinsame Asylsystem der EU, ist erst vor vier Monaten verabschiedet worden und kann jetzt schon als gescheitert bezeichnet werden. Nun will die EU-Kommission schnell neue Maßnahmen vorschlagen. Das ist gut und schön, doch letztendlich wird es an den Mitgliedsstaaten liegen, diese umzusetzen. Man darf sich nichts vormachen: Echte Solidarmaßnahmen wird es nicht geben. Schließlich haben die Nordstaaten, allen voran Deutschland, gestern beim Treffen der EU-Innenminister erneut bekräftigt, dass sie an der Dublin-Regelung festhalten wollen. Auf weitere Millionen zur Unterstützung der Grenzschutzagentur Frontex oder Technik für den Küstenschutz wird es wohl hinauslaufen. Wieder einmal. Das nächste Unglück wird man damit nicht verhindern. Dafür braucht es hingegen einen echten Sinnenswandel und die EU muss endlich mehr Verantwortung übernehmen. Einwanderung darf nicht länger als gemeinsame Abwehrpolitik verstanden werden. Die Millionen, die man jährlich in die Überwachung der Außengrenzen pumpt, wären als direkte Wirtschaftshilfe für Entwicklungsstaaten besser investiert. Zudem muss sich die Gemeinschaft stärker auf dem afrikanischen Kontinent engagieren. Eine Freihandelszone wäre ein erster Schritt.

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