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Mittelbayerische Zeitung: Leitartikel von Reinhard Zweigler zu CSU/Pkw-Maut

Regensburg (ots)

Nur noch als schnurrendes Kätzchen werde sich der bayerische Löwe gegenüber den Christdemokraten verhalten. Das hatte der CSU-Chef und wahlkämpfende Ministerpräsident Horst Seehofer ein ums andere Mal der Bundeskanzlerin Angela Merkel versprochen. Doch 35 Tage vor der Bayernwahl mutiert Seehofer zum fauchenden Löwen. Wieder mal und wieder mit Kalkül. Eine Pkw-Maut müsse her, aber nur für Ausländer, die auf deutschen Autobahnen kostenlos herumfahren. Doch das ist nicht einmal gut gebrüllt, Löwe, sondern nur populistisch, europarechtlich zweifelhaft und in der Sache absurd. Aber was soll's, wenn es Seehofer und der CSU nur ein paar Stimmen mehr bringen sollte, um endlich die schmerzlich verloren gegangene absolute Mehrheit im weiß-blauen Freistaat zurückzuerobern, dann wäre es das Aufplustern wert. Hinter Seehofers Forderung steckt der seit Jahren von den Christsozialen gehegte Wunsch, auch die Autofahrer für die Benutzung der Autobahnen zur Kasse zu bitten. Diese bittere Botschaft wird den Wählern, die in großer Zahl auch Autofahrer sind, nicht so brutal mitgeteilt, sondern von Seehofer jetzt als Ausländer-Maut hübsch drapiert. Dass nach dem Einstieg in die Maut für nichtdeutsche (?) Autofahrer über kurz oder lang eine allgemeine Pkw-Maut käme, kann sich jeder an fünf Fingern abzählen. In der EU und wohl erst recht vor europäischen Gerichten hätte eine solche diskriminierende Regelung nie und nimmer Bestand. Davon abgesehen, dass nur etwa fünf Prozent der Autobahnbenutzer Ausländer sind, würde der CSU-Vorstoß zugleich eine gewaltige Maut-Bürokratie in Gang setzen, die die Einnahmen sicherlich übertreffen würde. Auch das nimmt Seehofer mit seiner Schnapsidee in Kauf. Das wirkliche Problem, das dahinter steckt, geht freilich viel tiefer. Die Infrastruktur in Deutschland ist zwar augenscheinlich weitgehend intakt, doch mit Blick auf die Zukunft tun sich große Investitionslücken auf. Deutsche Straßen, Schienenwege und Wasserstraßen brauchen den internationalen Vergleich nicht zu scheuen. Doch gerade weil die Infrastruktur hierzulande so weit und so gut entwickelt ist, braucht es enorme Mittel, um diesen guten Standard aufrechtzuerhalten und da, wo es notwendig ist, auszubauen. An den vor allem in den 60er und 70er Jahren in den alten Bundesländern gebauten Bundesstraßen und Autobahnen nagte kräftig der Zahn der Zeit. Hinzu kommt, dass wegen der Bevorzugung der neuen Länder in den vergangenen Jahren der Westen ins Hintertreffen geriet. CSU-Verkehrsminister Peter Ramsauer verspricht zwar immer wieder, dass Erhaltung im Westen Vorrang vor Neubau im Osten haben müsse, doch auch er kann den Euro nur einmal ausgeben. Die Investitionspläne des Bundes sind mit schätzungsweise acht Milliarden Euro unterfinanziert. Pro Jahr! Woher das Geld nehmen und nicht stehlen? Projekte, mit denen Autobahnen privat finanziert, gebaut, saniert und dann für einige Jahrzehnte per Mauteinnahme abbezahlt werden, sind nicht der große Renner. Da käme eine Maut gerade recht. Aber nicht so, wie sie Seehofer, Ramsauer und Co. jetzt aus lauter wahlkämpferischem Übereifer vorschlagen. Von der Entlastung bei der Kfz-Steuer im Gegenzug auf die Einführung der Maut ist keine Rede mehr. Warum eigentlich nicht?

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