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Mittelbayerische Zeitung: Leitartikel zur Situation in den USA: Obama steht im Regen von Thomas Spang

Regensburg (ots)

Das Skandalfieber, das in den USA ausgebrochen ist, könnte dem Präsidenten gefährlich werden.

Barack Obama steht im Regen. Sprichwörtlich rief er einen Marineinfanteristen zur Hilfe, der einen Schirm über ihn und seinen Gast aus der Türkei Tayyip Erdogan im Rosengarten aufspannte. Der Präsident wünschte, für die politischen Probleme, die in den vergangenen Tagen über ihn niedergingen, fände sich eine ähnlich einfache Lösung. Doch davon ist das Weiße Haus weit entfernt. Trotz des Befreiungsschlags, mit dem er zum Ende der vielleicht turbulentesten Krisenwoche seiner Amtszeit die Initiative zurückgewinnen wollte. Obama feuerte nach den aufgedeckten Schikanen der Steuerbehörde IRS gegen Tea-Party-Gruppen den amtierenden Direktor des IRS Steve Miller und berief einen Technokraten aus dem Haushaltsbüro des Weißen Hauses zu dessen Nachfolger. Er wittert mit sicherem Instinkt, dass von diesem echten Skandal die größte Bedrohung ausgeht. Eine Entschuldigung für die Schnüffeleien der Staatsanwälte in den Telefondaten von mindestens 20 AP-Reportern lehnte Obama dagegen unter Hinweis auf die Unabhängigkeit der Justiz ab. Der Versuch, aus dem Weißen Haus Einfluss auf Ermittlungen zu nehmen, wäre in der Tat gegen das Gesetz. Das Justizministerium hat in den USA auch die Funktion einer Bundesanwaltschaft. Immerhin machte sich Obama für neue Schutz-Rechte der Presse stark. In Sachen Bengasi veröffentlichte das Weiße Haus weitere E-Mails. Diese belegen einmal mehr, dass rund um den Anschlag auf Botschafter Christopher Stevens am 11. September 2011 vieles falsch gelaufen ist. Zu Recht wundert sich der Präsident aber, worin der Skandal besteht. Es gibt keinen, bescheidet die "Washington Post". Ein Fall von politischem Theater, das die Republikaner bereits im Wahljahr zu inszenieren versuchten. In der öffentlichen Wahrnehmung gehen die drei grundverschiedenen Fälle munter durcheinander. Washington und die Medien packte ein Skandalfieber, das Obama gefährlich werden könnte. Der Präsident droht schneller zu einer "lahmen Ente" zu werden, als er zu Beginn seiner zweiten Amtszeit einmal erhofft hatte. Schon heute ist die ehrgeizige Agenda Obamas für die nächsten vier Jahre nicht mehr als eine ferne Erinnerung. Bis zum Ausbruch der Dreifach-Krise vor einer Woche hatte US-Präsident Barack Obama einfach nur Pech. Das Massaker von Newton, der Terroranschlag von Boston oder die Krise in Syrien hatte er sich genauso wenig ausgesucht wie den anhaltenden Blockadekurs der Republikaner im Kongress, der einen Haushaltskompromiss oder die Reform der Waffengesetze unmöglich machte. Der Fluch der zweiten Amtszeit drohte ihn schon ohne den Dreierpack an Problemen schneller einzuholen als jeden seiner Vorgänger. Eine Kon-stante moderner Präsidentschaften in den USA, seit Dwight D. Eisenhower wegen eines abgeschossenen U2-Spionageflugzeugs im sowjetischen Luftraum in die Defensive geriet. Richard Nixon musste 1974 wegen Watergate den Hut nehmen. Ronald Reagan machte von 1986 an die Iran-Contra-Affäre zu schaffen. Bill Clinton durchlitt wegen der Lewinski-Affäre 1998 ein Amtsenthebungsverfahren. Und George W. Bush präsidierte über Katrina, das Irak-Destaster und den Zusammenbruch der Finanzmärkte. Obama ist nicht schuldlos an der gegenwärtigen Misere, die seine Präsidentschaft lähmen könnte. Zu Beginn der Krisenwoche wirkte er wie ein Reh im Scheinwerferlicht. Überrascht. Unbekümmert. Untätig. Er verurteilt die Vorgänge beim IRS als "ungeheuerlich" oder redet sich als "nicht zuständig" heraus. Als wäre ein Zuschauer seiner eigenen Regierung. Den Amtsinhaber schon jetzt abzuschreiben, wäre indes verfrüht. Läuft Obama immer dann zur Hochform auf, wenn er unter Druck steht. Diese Qualität muss er jetzt unter Beweis stellen. Zumal die USA von der Einwanderung über die Haushaltskrise bis hin zu Syrien und Iran dringendere Probleme haben, die volle Aufmerksamkeit verdienten.

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