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Mittelbayerische Zeitung: Leitartikel zum Antrag der Palästinenser vor der UNO: "Hoffnung für Nahost"

Regensburg (ots)

Wer den Glauben daran verloren hat, dass wir jemals Frieden im Nahen Osten erleben, sollte sich den 29. November in seinem Kalender rot anstreichen. Gestern Nacht setzte die überwältigende Mehrheit der Weltgemeinschaft bei ihrer Abstimmung über die Palästinenser ein Zeichen, das Hoffnungen auf ein Ende der Gewalt nährt. Der gemäßigte Präsident Mahmud Abbas wird durch das Votum diplomatisch deutlich gestärkt und die Palästinenser erhalten einen vergleichbaren Status wie der Vatikan. Natürlich ist die Entscheidung der UN-Vollversammlung zunächst nur ein Symbol, das an der verfahrenen Situation in der Region vorerst gar nichts ändert. Nach wie vor stehen sich die bis an die Zähne bewaffneten Hamas-Terroristen und die israelischen Sicherheitskräfte unversöhnlich gegenüber. Nur die auf Druck der USA hin vereinbarte Waffenruhe hindert die feindlichen Parteien an neuer Gewalt und Gegengewalt. Eine Friedenslösung, die diesen Namen auch verdient, ist weit und breit nicht in Sicht. Doch am Beginn historischer Umbrüche stehen oft Gesten, die der Geschichte selbst in aussichtslosen Situationen eine Wendung verleihen können. Eine neue Idee, die irgendwann stärkste Mauern zum Einsturz bringt - auch wenn bis zum Happy End noch eine Weile vergeht. Wie heikel und wie konfliktbeladen die Lage in Nahost ist, zeigt schon das Gezerre innerhalb der Staatengemeinschaft im Vorfeld der UN-Vollversammlung. Wieder einmal war es Deutschland, das in einer wichtigen geopolitischen Frage aus dem Konzert der Nationen ausscherte. Anders als wichtige EU-Partner wie Frankreich und Spanien stimmte die Bundesregierung nicht für die Palästinenser - ein verheerender Schlag für eine gemeinsame europäische Außenpolitik. Die deutsche Enthaltung in New York spaltet die EU. Die Nahost-Frage stürzt die Bundesrepublik in einen schweren Interessenskonflikt: Es gilt, die Loyalität zu den europäischen Partnern abzuwägen gegen die Solidarität zu Israel, zu der sich Kanzlerin Angela Merkel richtigerweise immer wieder verpflichtet hat. Doch ob die deutsche Enthaltung in der Palästinenserfrage tatsächlich der Sicherheit Israels dient, erscheint sehr fraglich. Selbst in Jerusalem gibt es namhafte Politiker wie den ehemaligen Ministerpräsidenten Ehud Olmert, der den Antrag der Palästinenser öffentlich unterstützte. Vor diesem Hintergrund wirken deutsche "Solidaritätsbekundungen" wie die gestrige Enthaltung in New York reflexhaft. Letztlich erreicht die Bundesregierung damit vor allem eines: Die Stärkung der Hardliner um Premier Benjamin Netanjahu. Sicher muss nach der UN-Abstimmung die kritische Frage erlaubt sein, wer "die Palästinenser" eigentlich sind, die nun eine politische Aufwertung durch die Vereinten Nationen erlebt haben. Es handelt sich nicht um eine homogene Nation, ein einiges Volk. Sondern um eine Vielzahl von Gruppen, deren Bandbreite von radikalen Islamisten bis hin zu gemäßigten Parteien reicht. Doch durch die UN-Entscheidung geht der moderate Präsident Abbas, von dem in den vergangenen Monaten wenig zu hören war, als Etappensieger im Ringen mit den militanten Kräften unter den Palästinensern hervor. Damit böte sich für Israel eine Gelegenheit, die es lange nicht mehr gab: Mit Abbas als Gesprächspartner den Pfad der Gewalt zu verlassen und den Weg der Diplomatie zu beschreiten. Der Beobachterstatus, den die Palästinenser jetzt innerhalb der Vereinten Nationen erlangt haben, kann der erste Schritt zu einer Vollmitgliedschaft sein - und damit zu einer Zwei-Staaten-Lösung, ohne die es wiederum keinen Frieden geben wird. Netanjahu sollte die UN-Entscheidung als Chance begreifen und ernsthaft über die volle Anerkennung der Palästinenser verhandeln. Damit könnte Israel ein neues Kapitel in Nahost aufschlagen. Autor: Stefan Stark

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