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Mittelbayerische Zeitung: Israel unter Zugzwang Netanjahu ist auf einen harten Kurs angewiesen - riskiert damit aber eine gefährliche Eskalation des Konflikts. Von Maria Gruber

Regensburg (ots)

Wenn Obama Netanjahu seine Unterstützung zusichert und bekräftigt, dass Israel ein Recht auf Selbstverteidigung habe, tut er das, was ein US-Präsident in solchen Situationen tun muss: Dem Land, das zu den engsten Verbündeten der USA gehört, Solidarität aussprechen und all jenen ein deutliches Zeichen geben, die - wie die im Gazastreifen herrschende Hamas - dem Land das Existenzrecht absprechen. Was er versäumt ist, Benjamin Netanjahu klar und deutlich vor den schwerwiegenden Folgen zu warnen, sollte Israels Premier im Gazastreifen Bodentruppen einsetzen. Das nämlich würde eine gefährliche Eskalation der Gewalt bedeuten, die den ganzen Nahen Osten destabilisieren könnte. Doch Netanjahu ist auf einen harten Kurs in der derzeitigen Auseinandersetzung mit der Hamas angewiesen. Der arabische Frühling hat das machtpolitische Gefüge im Nahen Osten durcheinandergebracht - ein Gefüge, das Israel lange Zeit relative Stabilität verheißen hat. Nun nehmen an der Grenze zu Syrien - Verbündeter des Iran - die Spannungen zu. Granaten schlagen in den Golan-Höhen ein. Israel antwortet mit einer Panzerabwehrrakete und feuert somit zum ersten Mal seit Jahrzehnten wieder Schüsse in Richtung Syrien ab. Auch vom einstigen Partner Ägypten muss sich Israel zunehmend bedroht fühlen. Die dort herrschende Muslimbrüderschaft ist die Mutterorganisation der Hamas und sagt den radikalen Palästinensern dementsprechende Unterstützung zu. Nach der Tötung des Hamas-Militärchefs zieht Ägyptens Präsident Mohammed Mursi den Botschafter aus Israel ab. Die israelischen Angriffe auf den Gazastreifen verurteilt er scharf und fordert von den USA, in den Konflikt einzugreifen. Vielen Ägyptern, die mehrheitlich hinter den Palästinensern stehen, ist selbst das aber noch zu wenig. Aus dem "kalten Frieden", der zwischen Israel und Ägypten seit der Unterzeichnung des Friedensabkommens im Jahr 1979 geherrscht hat, scheint sich sukzessive ein Brandherd zu entwickeln. Ginge es nach einigen radikalen Kräften im Land, sollte der Friedensvertrag zwischen Israel und Ägypten gleich aufgelöst werden. Doch nicht nur das. Auch die innenpolitische Situation bringt den israelischen Premier unter Zugzwang. Im Januar stehen vorgezogene Parlamentswahlen an. Netanjahu, Chef des konservativen Likud, hat ein Wahlbündnis mit der ultrarechten Partei des Außenministers Avigdor Liebermann "Israel Beitenu" (Unser Haus Israel) geschmiedet. Und die ist nicht nur dafür bekannt, den arabischen Israelis gegenüber einen harten Kurs zu fahren. Der Rechtsschwenk dürfte auch dem israelisch-palästinensischen Friedensprozess alles andere als zuträglich sein. Außenpolitisch will man Stärke zeigen. Für eine Mehrheit von 45 Sitzen für das Bündnis in der Knesset reicht es nach aktuellen Umfragen dennoch nicht ganz. Vielmehr verzeichnet die sozialistische Arbeitspartei einen Zuwachs - was angesichts der sozialen Verwerfungen in Israel auch nicht erstaunlich ist. Mieten und Lebenshaltungskosten steigen, die Kluft zwischen Arm und Reich wird immer größer. Hunderttausende sind auf die Straßen gegangen, um für soziale Gerechtigkeit zu kämpfen. Von diesen Problemen kann eine Krise, wie sie Israel momentan erlebt, ablenken. Netanjahu weiß das zu nutzen und inszeniert sich als entschlossener und starker Regierungschef. Tatsächlich dürfte das den Zuspruch, den eine amtierende Regierung in Phasen der Bedrohung ohnehin verstärkt genießt, zusätzlich steigern. Netanjahu muss sich aber auch bewusst sein: Sein Kalkül, mit Kriegsrhetorik Wählerstimmen zu sammeln, kann ganz schnell die Lunte am Pulverfass Nahost entzünden - wenn sie nicht vielleicht sogar schon brennt.

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