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Mittelbayerische Zeitung: Kommentar zu Schwarz-Gelb/Gillamoos: "Zeitlos im Herbst"

Regensburg (ots)

Als es nicht gut lief für die schwarz-gelbe Koalition, als der "Spiegel" mit einem Foto von Kanzlerin Angela Merkel und ihrem damaligen Vize Guido Westerwelle titelte, über denen der Appell "Aufhören!" prangte, da prägte die CDU-Chefin den Begriff vom "Herbst der Entscheidungen". Es sollte Ernst gemacht werden mit den Versprechen des Koalitionsvertrags. Man könnte auch sagen: Sie beschloss, mit dem Regieren anzufangen. Das war 2010. Aber das mit den Entscheidungen will seither nicht enden. Und der eigentliche Herbst der Entscheidungen kommt ja erst noch: im nächsten Jahr, wenn der Bundestag gewählt wird. An einer wird da niemand vorbeikommen: an Angela Merkel. In einem, wenn man so will, dauerhaften Herbst der Entscheidungen ist die Kanzlerin selbst so etwas wie eine Zeitlose geworden: An ihr prallt alle Kritik ab, sie thront über allen Querelen als mächtigste Frau der Welt und weiterhin beliebteste deutsche Politikerin. Wenn es eines Beweises bedurft hätte, so wurde er gestern beim Gillamoos in Abensberg geliefert. Weder die frühe Stunde, noch der beengte Platz, noch die tropischen Temperaturen im Zelt hielten die Menschen davon ab, die Kanzlerin hören zu wollen. Wobei das, was es von Merkel gab, nichts Neues ist. Und dennoch hat die CDU-Chefin gestern in Kurzform ihren Fahrplan für die Bundestagswahl klar gemacht. Sie hat ihrer Partei in den vergangenen Jahren und Monaten eine oft radikale Modernisierungskur verabreicht und ihr damit eine neue Wählerschicht zu erschließen gesucht. Aber sie hat gestern auch an klassisch konservative Werte appelliert: an die Familie, die Tradition, an den Glauben an die Soziale Marktwirtschaft und das freie Unternehmertum. Sie warb für Vertrauen in die Politik ihrer Bundesregierung, wohl wissend, dass es durchaus Kritiker ihres Kurses in den eigenen Reihen gibt. Es ist ein nicht zu unterschätzendes Symbol, das sie gestern mit CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt aufgetreten ist. Er hatte sich gegen den Kurs der Bundesregierung im Umgang mit Griechenland gestellt und war dafür auch von der Kanzlerin gemaßregelt worden. Merkel weiß, dass das Vertrauen der Bürger in die Richtigkeit ihres Kurses in der Krise über Sieg oder Niederlage bei der Bundestagswahl entscheiden wird. Also wirbt sie um dieses Vertauen - und kanzelt die anderen Parteien als unzuverlässig ab. Dass sie für ihren Euro-Kurs auf die Zustimmung von SPD und Grünen angewiesen war, ist da schnell vergessen. Zugute kommt ihr derzeit, dass weder SPD noch Grüne einen klaren Kurs erkennen lassen, was auch an der ungeklärten K-Frage bei beiden Parteien liegt. Die Sozialdemokraten gönnen sich den Luxus, bis zum Frühjahr warten zu wollen und die Grünen stellen sich dem Votum ihrer Basis - mit allen Risiken. Merkel wird diese Findungsphase gekonnt für sich nutzen, wobei die Umfragen sie derzeit ohnehin beruhigt schlafen lassen können. Wenn es für Rot-Grün nicht reicht, wird Merkel Kanzlerin bleiben. Ob in einer Koalition mit der FDP oder mit einer anderen Partei, kann ihr dabei herzlich gleich sein. Die Liberalen erleben derzeit, was die SPD erleiden musste und was sie bis heute zu einer gespaltenen Partei macht: Merkel umarmt nicht, sie erdrückt. Sie gönnt dem Koalitionspartner vielleicht Erfolge; den Sieg trägt am Ende sie heim. In dem Herbst der Entscheidungen, der jetzt anbricht, hat Merkel vor allem einen Vorteil: Sie hat die Erfahrung von zwei Jahren Dauerkrisenbekämpfung, und das nicht nur, wenn es um die Schuldenkrise geht. Wer die Herbstzeitlose nachschlägt, findet die Blume beschrieben als ausdauernd und nicht ungefährlich. Ein Schelm, wer da an die CDU-Chefin denkt. Autor: Christian Kucznierz

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