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Mittelbayerische Zeitung: Für jeden ist etwas dabei

Regensburg (ots)

Der Koalitionsgipfel im Kanzleramt stand etwas im Schatten der vorangegangenen spektakulären Euro-Rettungsaktionen auf internationaler Bühne. In Berlin wurden nun wieder kleinere, nationale Brötchen gebacken. Nach den monatelangen Hakeleien um die nächsten Schritte in der Steuerpolitik, bei Pflege oder Betreuungsgeld muten die Beschlüsse vom Sonntagabend fast schon überraschend an. Sie wurden nach dem Motto getroffen: Für jeden muss etwas dabei sein, keiner darf leer ausgehen. Rechtzeitig vor den Parteitagen von FDP und CDU haben sich die schwarz-gelben Regierungspartner auf gesichts- und koalitionswahrende Maßnahmen verständigt. Das Kanzleramt wurde zum politischen Basar. Angela Merkel, die immer wieder Maß und Mitte als Orientierungspunkte ihrer Regierung reklamiert, hat sich mit ihren Partnern auf eine mittelmäßige Politik verständigt. Kleine Schritte statt große Sprünge. Die siechende FDP etwa bekommt eine kleine Steuersenkung, mit der sie zumindest darauf verweisen kann, ihr - inzwischen längst überholtes - Wahlversprechen nicht aus den Augen verloren zu haben. Finanzminister Wolfgang Schäuble und FDP-Chef Philipp Rösler, die zwei Wochen zuvor mit ihrem Vorpreschen in Sachen Einkommenssteuer den CSU-Chef noch zur wütenden Intervention trieben, haben sich im Grunde durchgesetzt. Der brüllende bayerische Löwe ist inzwischen zum Kätzchen mutiert, das obendrein mit dem Betreuungsgeld abgefunden wird. Der CSU-Vorstoß, doch lieber den ungeliebten Solidaritäts-Zuschlag abzusenken, wurde ohne viel Federlesens vom Tisch gefegt. Dafür wiederum erwies sich das Pokern der CSU mit einer PKW-Maut zumindest teilweise als erfolgreich. Weil der Etat von Verkehrsminister Peter Ramsauer chronische Schwindsucht hat, bekommt der Oberbayer in seinem Haushalt einmalig eine Milliarde Euro obendrauf. Die Autobahnbenutzungsgebühr für Autofahrer bleibt im Gegenzug in der Schublade. Bis zur Wiedervorlage. Auch bei der Pflegeversicherung, in der in den kommenden Jahren Milliardenlöcher etwa wegen steigender Leistungen für Demenzkranke drohen, hat man sich aufs Kurieren an den Symptomen geeinigt. Die Wurzel der Probleme bleibt dagegen unangetastet. Der immer noch weithin unbekannte FDP-Gesundheitsminister Daniel Bahr hebt den Beitrag für die Pflegeversicherung geringfügig an, was wenigstens für etwas Entlastungen sorgen könnte, aber ganz sicher keine langfristige Lösung ist. Die Koalition aus einer verunsicherten Union und den ums politische Überleben kämpfenden Liberalen hat sich mit den jüngsten Beschlüssen fürs Weiterwursteln entschieden. Wenn es ihr gelänge, nach den Aufregungen der letzten Monat wieder etwas Boden unter die Füße zu bekommen, wäre das schon viel. Schwarz-Gelb ist bescheiden geworden. Was dieses Polit-Bündnis noch zusammen hält, ist die nackte Angst vor dem Machtverlust oder gar dem Abstieg in die politische Bedeutungslosigkeit - im Fall der FDP. Hinzu kommt, dass die innenpolitischen Probleme in Deutschland vergleichsweise klein sind. Dass Schwarz-Gelb einige Milliarden Euro für eine kleine Korrektur bei der Einkommenssteuer einsetzen will, fällt angesichts der Dimensionen und Unwägbarkeiten bei der Euro-Rettung kaum ins Gewicht.

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