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Mittelbayerische Zeitung: Leitartikel Mittelbayerische Zeitung (Regensburg) zu Hartz IV-Kompromiss

Regensburg (ots)

Der Erfolg hat viele Väter und Mütter. Der Misserfolg dagegen ist eine Vollwaise, heißt es. Die am frühen Montagmorgen endlich gefundene neue Hartz-IV-Regelung hat indes keine Sieger. Erst recht keine politischen. Denn Regierung und Opposition haben es innerhalb eines Jahres nicht fertig gebracht, eine vernünftige Neuberechnung der Leistungen für Langzeitarbeitslose hinzubekommen. Die Hausaufgaben, die Karlsruhe aufgegeben hatte, wurden verspätet und obendrein sehr schludrig angefertigt. Hartz-IV-Empfänger wurden monatelang auf die Folter gespannt, ob überhaupt und um wie viel ihre Regelsätze steigen würden. Und nach dem, was alles in die Verhandlungen hineingesteckt worden war, kam nur eine dürre Stopfgans heraus. Fünf Euro mehr ab diesem und acht Euro mehr ab dem nächsten Jahr machen nicht einmal die Inflation wett. Bei dem quälenden Geschacher um die Regelsätze ging es längst nicht mehr ums Geld, sondern nur noch darum, jeweils das Gesicht zu wahren. Die Hartz-IV-Verhandlungen gehen als schlimmes Beispiel für parteitaktisches Blockieren und Tricksen in die Geschichte ein. Daran änderten auch die beiden strahlenden Verhandlungsführerinnen Ursula von der Leyen (CDU) von der Regierungs- und Manuela Schwesig (SPD) von der Oppositionsseite nichts. Beide haben ausdauernd und beinhart verhandelt. Mag sein, dass am Ende die allgemeine Ermüdung, das Ergebnis der Hamburg-Wahl und vor allem die Einsicht zum Durchbruch verhalfen, dass weiteres Blockieren allen Beteiligten übel genommen werden würde. Das Hickhack um Hartz IV hat die Enttäuschung über die verantwortlichen Politiker befördert, das Vertrauen in die Demokratie geschmälert und wahrscheinlich neue Wut-Bürger hervorgebracht. Am Ende waren die Betroffenen nur noch Schachfiguren auf einem politischen Spielfeld. Sie mussten den Eindruck haben, dass es um ihre Sorgen und Nöte gar nicht mehr ging. Aber freilich gibt es dabei auch einiges, was in die richtige Richtung geht, etwa das Bildungspaket. Dass Kinder aus sozial schwachen Familien künftig etwas mehr Teilhabe am gesellschaftlichen Leben, am Sportverein oder an der Klassenfahrt erfahren sollen, ist zumindest ein Anfang. Dass Sozialarbeiter an Schulen in besonderen Brennpunkten eingesetzt werden können auch. Außerhalb des Hartz-IV-Rahmens bekannte sich der Bund zu seiner Verantwortung für die Grundsicherung im Alter, für die bisher die Kommunen aufkommen müssen. Und dass bei Leiharbeitern eine Verdienstuntergrenze auf den Weg gebracht wurde, ist ebenfalls ein sinnvoller Schritt. Freilich hätte man all das schon viel früher haben können. Vermutlich wäre die Hängepartie noch weitergegangen, hätten nicht drei Ministerpräsidenten - neben Horst Seehofer, Kurt Beck aus Rheinland-Pfalz und Wolfgang Böhmer aus Sachsen-Anhalt - den Knoten durchschlagen. Alle drei haben, gegen den erklärten Widerstand aus der Berliner Koalition, den Korridor für eine Einigung bestimmt. Sie haben sich als politische Macher gezeigt, wo wochenlang nur Bedenkenträger das Sagen hatten. Das Füllhorn wurde deshalb nicht über den Langzeitarbeitslosen ausgeschüttet. Und ob die jetzige Regelung verfassungskonform ist, steht auf einem anderen Blatt. Das letzte Wort wird ziemlich sicher erneut das Bundesverfassungsgericht haben.

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