Alle Storys
Folgen
Keine Story von Westfalenpost mehr verpassen.

Westfalenpost

Westfalenpost: Ohne Mut und Willen Koalition vermurkst Gesundheitsreform

Hagen (ots)

Von Lorenz Redicker
Wenn Tarifverhandlungen nach hartem Ringen in einer finalen 
Nachtsitzung ein Ende finden, zeigen sich die Kontrahenten in der 
Regel anschließend mit dem gefundenen Kompromiss wenig zufrieden. 
"Mehr war nicht drin", heißt es dann entschuldigend von beiden 
Seiten. Beobachter werten das als gutes Zeichen. Nach dem Kompromiss 
im Ringen um die Gesundheitsreform zeigten sich die Koalitionäre 
gestern am frühen Morgen beiderseitig zufrieden. "Wir haben uns an 
zentralen Punkten durchgesetzt", frohlockte CDU-General Pofalla. Sein
SPD-Gegenpart Heil wertete das Ergebnis mit wenig 
Fußball-Sachverstand: "8:2 für uns nach Verlängerung und 
Elfmeterschießen." Solche Erfolgsmeldungen sind leider ein schlechtes
Zeichen; ein sehr schlechtes sogar. Die große Koalition hat die 
Gesundheitsreform vermurkst. Und das gründlich.
 Bislang ging noch jede der inzwischen zahlreichen Reformen im 
Gesundheitswesen mit dem Versprechen einher, die Beiträge zu senken 
oder doch wenigsten die Arbeitgeber zu entlasten. Kurzfristig ist 
dies auch meist gelungen. Dieses Mal hat sich die große Koalition 
gleich darauf geeinigt, die Beiträge anzuheben. Das ist keine Reform,
das ist eine Kapitulation.
 Nur große Koalitionen können eine echte Gesundheitsreform gegen die 
mächtigen Lobbyverbände stemmen - so lautete bislang die landläufige 
Meinung. Deshalb hatte auch diese Koalition eine echte Chance. Die 
sie leider nicht genutzt hat. Den Parteien fehlte Mut und Wille, den 
Lobbyisten weh zu tun, wohl auch, weil beide Seiten allzu eng mit der
einen oder anderen Lobby-Gruppe verbandelt sind. So haben sich Union 
und Sozialdemokratie gegenseitig neutralisiert.
 Erstaunlich ist vor allem der Jubel in der Union. Mehr Wettbewerb, 
mehr Markt und sinkende Beiträge hatten die C-Parteien versprochen, 
höhere Beiträge, mehr Bürokratie und mehr Staat sind Ergebnis des 
Kompromisses. Vor allem das Geldverteilungsmonster Gesundheitsfonds 
könnte die Beitragszahler noch teuer zu stehen kommen. Dagegen 
verschwinden die wenigen positiven Elemente, mehr Vertragsfreiheit 
für die Kassen etwa oder die Umstellung des Ärztehonorars von Punkten
auf Pauschalen.
 Bezeichnenderweise bemessen die Koalitionsparteien ihren Erfolg 
daran, was sie alles an Forderungen der Partner haben verhindern 
können. Politik als Abwehrschlacht. Regieren, so dachten wir bisher, 
habe etwas mit Gestalten zu tun. Man könnte fast meinen, die 
Koalitionäre wähnten sich noch immer (die Union) oder endlich wieder 
(die Sozialdemokraten) auf den Oppositionsbänken.
 Nach den Leistungen von Sonntagnacht gehören sie dort auch hin.

Rückfragen bitte an:

Westfalenpost
Redaktion

Telefon: 02331/9174160

Original-Content von: Westfalenpost, übermittelt durch news aktuell

Weitere Storys: Westfalenpost
Weitere Storys: Westfalenpost
  • 26.06.2006 – 19:42

    Westfalenpost: Folgenreicher Dieser Ärztestreik wird anders

    Hagen (ots) - Von Lorenz Redicker Der Streik war lange absehbar, jetzt ist er da. Die Ärzte an den kommunalen Krankenhäusern gehen auf die Straße. Dabei geht es nicht nur um die nur geringfügig lukrativeren Konditionen, die sich die Kollegen an den Uni-Kliniken erstreikt haben; es geht auch um Verbandsinteressen: Die Ärzte-Vertretung Marburger Bund ...

  • 25.06.2006 – 19:55

    Westfalenpost: Zwei Deutschlands Hier Jubel, da politische Verstimmung

    Hagen (ots) - Von Bodo Zapp Es gibt in diesen Tagen zwei Deutschlands. Die gefühlte Wirklichkeit: Das ist die pure Freude über den Auftritt der Fußball-Nationalelf. Quer durch alle Schichten und alle Parteien. Deutschland einig Feierland: Geniessen wir es! All die Befürchtungen über Massenkrawalle im Umfeld der Weltmeisterschaft und über das frühe ...

  • 22.06.2006 – 19:29

    Westfalenpost: Vermeidbarer Schock Allianz streicht 7500 Arbeitsplätze

    Hagen (ots) - Von Stefan Pohl Wenn ein Konzern so radikal umgebaut werden muss wie jetzt die Allianz Versicherung, dann legt das den Verdacht auf Schlafmützigkeit oder Entscheidungsschwäche des Managements nahe. Die Streichung von 7500 Stellen inklusive Standortschließungen - eine Notoperation - hätte sich bei früherem Eingreifen vielleicht vermeiden ...