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WAZ: Mauer des Schweigens wankt: Alles wartet jetzt auf Jan Ullrich - Leitartikel von Hans-Josef Justen

Essen (ots)

Sie stand da wie für die Ewigkeit festgezimmert.
Doch plötzlich, ausgelöst durch ein vergleichsweise kleines Beben, 
wankt die Mauer die Schweigens. Seit ein ehemaliger 
Mannschafts-Masseur und ein früherer Profi der B-Kategorie enthüllt 
haben, dass die medizinische Manipulation im Radsport-Team Telekom 
geradezu systematisiert worden ist, kommt hektische Betriebsamkeit in
die Doping-Szene. Ein Schweiger nach dem anderen fällt um, als wären 
es Dominosteine. Täglich löst sich ein weiteres Bröckchen aus der 
ehernen Wand, die von verlogenen Fahrern und heuchelnden Ärzten 
hochgezogen wurde. Selbst ein Publikums-Liebling wie Erik Zabel, der 
über Jahre hinweg den Saubermann gab, gestand den verteufelten 
Missbrauch.
Wurden Zweifler und Kritiker, die seit Jahren mehr oder minder 
offen an der Reinheit des Leistungssports zweifelten, von dümmlichen 
Dementis und platten Ausreden verärgert, so staunen sie jetzt über 
die kollektive Redseligkeit, die sich vor allem bei ehemaligen Stars 
des Teams Telekom äußert. Und die Fragen aufwirft nach der Strategie,
der Taktik, dem Hintersinn des Hauptsponsors, der gerade jetzt ja 
auch in seinem Haupterwerbszweig ziemlich von der Rolle ist. Der 
Bonner Konzern muss fürchten, im Konkurrenzkampf um die Kunden schwer
unter die Räder zu kommen. Tausende von Mitarbeitern, die um die 
Arbeitsplätze fürchten, gehen streikend auf die Staße. Vorstandschef 
Rene Obermann steht im Wind und will das Projekt Radsport, das 
mittlerweile unter T-Mobile firmiert, unverdrossen durchziehen und 
finanziell unterstützen.
Aber wo ist der Zugewinn? Kann ein Team, das sich über ein 
Jahrzehnt lang als Musterknabe, als ein Ausnahme-Objekt der vom 
Doping verseuchten Szene feiern ließ und jetzt als Prügelknabe den 
Rücken hinhalten muss (und offenbar auch will), das Image des 
Sponsors aufbessern?
Aus ehemaligen Superstars wie Rolf Aldag, Christian Henn und Erik
Zabel, die als strahlende Helden gefeiert wurden, sind kleinlaute 
Sünderlein geworden, die sich unter Tränen zu ihrem Fehlverhalten 
bekannt haben. Doch einer fehlt noch, ausgerechnet der Größte im 
ehemaligen Radsport-Verbund des gestutzten Bonner 
Kommunikations-Riesen: Jan Ullrich bleibt stumm. Der erste deutsche 
Tour-de-France-Gewinner, der Olympiasieger von Sydney 2000, 
zeitweilig ein Jahrhundert-Idol deutscher Fans, bleibt weiterhin auf 
Tauchstation. Wann endlich wird auch er begreifen, dass Schweigen 
nicht Gold sein muss, sondern dass jetzt nur noch Reden hilft?

Pressekontakt:

Rückfragen bitte an:
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Zentralredaktion
Telefon: (0201) 804-0
zentralredaktion@waz.de

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