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WAZ: Iraner spielen Katz und Maus: Wie im Atomstreit fehlt die Strategie - Leitartikel von Hendrik Groth

Essen (ots)

Wer solche Freunde hat, der braucht definitiv keine
Feinde. Mit stiller Diplomatie versucht Großbritannien, seine vom 
Iran festgehaltenen Soldaten freizubekommen. Doch in dieser Phase 
prescht Irans Lieblingsdämon US-Präsident George W. Bush vor die 
Kameras, spricht von Geiselnahme und unentschuldbarem Verhalten. Um 
keine Missverständnisse aufkommen zu lassen, in der Sache hat Bush 
natürlich Recht, nur ist es jetzt wenig wahrscheinlich, dass der Iran
nun die 15 Militärs schnell nach Hause lässt.
Der Westen wirkt nicht nur ratlos, er ist es auch. Seit dem 
Geiseldrama um die US-Botschaft 1979 ist es Washington und seinen 
Verbündeten nicht gelungen, eine Strategie aufzubauen, wie denn im 
Krisenfall mit der Islamischen Republik Iran umzugehen ist. Wie im 
Atomstreit scheinen UN und EU zahnlos, Europa droht mit Maßnahmen, 
ohne diese zu konkretisieren.
Es hilft wenig, darüber zu spekulieren, ob Präsident 
Ahmadinedschad 1979 persönlich zu den Geiselnehmern gehörte oder 
nicht. Wes Geistes Kind der Mann ist, wissen wir seit langem. Es 
ändert auch nichts daran, dass Teheran durch den von Bush und Blair 
initiierten Irakkrieg heute stärker als je zuvor ist. An der 
Regionalmacht Iran kommt niemand vorbei, der zumindest ein Ende des 
Blutvergießens im Irak will. Welche Motive wer auch immer in der 
keineswegs monolithischen iranischen Führung hatte, die Briten 
festzusetzen, er sitzt im Moment am längeren Hebel und organisiert 
den Mob gegen die britische Botschaft.
Seit der Iran versucht, sein gefährliches Nuklearprogramm 
umzusetzen, achtet er penibel auf die Unverletzlichkeit seiner 
Grenzen. Weil ein Militärschlag befürchtet wird, brauchen Politiker 
wie Mullahs die Beweisführung für die eigene Propaganda, dass der 
Iran jeden Angriff auf seine Souveränität beantworten kann. Da kamen 
die Schlauchboote mit britischen Soldaten gerade recht. Niemand weiß,
wie lange die Perser dieses Spiel durchhalten wollen. Auch weiß 
niemand so ganz genau, was sie wirklich bezwecken wollen. Gut 
möglich, dass intern der Streit darüber zwischen Gemäßigten und 
Radikalen ausgebrochen ist.
Tony Blair ist nicht zu beneiden. In diesem Jahr gibt er das Amt 
des Premiers ab, hofft auf einen Eintrag ins Geschichtsbuch wegen des
Friedens in Nordirland. Doch Erinnerungen an den früheren 
US-Präsidenten Jimmy Carter werden wach. Der verlor sein Amt durch 
die 444 Tage währende Geiselnahme 1979 in Teheran. Die galt als 
Beweis seiner Führungsschwäche.

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Telefon: (0201) 804-8975
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