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WAZ: Journalistenmorde thematisieren: Pressefreiheit statt Denkmalschutz - Kommentar von Hendrik Groth

Essen (ots)

Wenn drei Journalisten bei einem Flugzeugunglück
oder einem Autounfall tödlich verunglücken, dann wird darüber in den 
Medien nicht berichtet. Kommen sie jedoch wegen oder während ihrer 
Arbeit ums Leben, dann wird umfassend informiert. Es ist ein 
trauriger Zufall, dass gerade an dem Wochenende, an dem im 
französischen Bayeux eine Gedenkstätte für 2000 getötete Reporter 
eröffnet wird, in Russland eine renommierte Journalistin ermordet 
wurde, die kritisch über russische Politik berichtet hat.
Das teils sehr hohe Berufsrisiko von Journalisten ist ein 
Spiegelbild der jeweiligen Gesellschaft, egal auf welchem Kontinent. 
Das gilt auch für die zwei deutschen Journalisten, die in Afghanistan
erschossen wurden, gleich ob die Täter politisch, pseudo-religiös 
oder einfach kriminell motiviert waren. Alleine seit Januar 2006 
wurden weltweit 70 Presseleute ermordet.
Es geht um nichts weniger als um die Meinungsfreiheit. 
Ungehinderter Zugang zu Informationen und deren Verbreitung ist ein 
Pfeiler der Demokratie. Bundeskanzlerin Merkel sollte den Mord an der
mutigen Anna Politkowskaja zum Anlass nehmen, um am Dienstag bei 
ihrem Treffen mit dem russischen Präsidenten Putin mehr 
Pressefreiheit einzufordern. Der Tagesordnungspunkt Denkmalschutz 
könnte dafür beim Treffen im Rahmen des Petersburger Dialogs 
ersatzlos gestrichen werden.
Seit Jahren werden in Russland die Medien drangsaliert. 
Fernsehen, Radio und zahlreiche Zeitungen stehen unter direkter oder 
indirekter Kontrolle des Kreml. Politkowskaja schrieb über russische 
Menschenrechtsverletzungen und Willkür. Sie wusste, dass sie in 
Gefahr war. Der Geheimdienst jagte die Unbequeme in Tschetschenien, 
ein Giftanschlag sollte sie bereits kurz nach dem Geiseldrama von 
Beslan 2004 zum Schweigen bringen. Was sich innenpolitisch in 
Russland abspielt, erinnert an schlimme Sowjetzeiten. Auf der 
Rangliste zur weltweiten Situation der Pressefreiheit, die die 
Organisation "Reporter ohne Grenzen" veröffentlicht, rangiert 
Russland auf Platz 140. 167 Staaten werden aufgeführt.
Die zwei getöteten Mitarbeiter der Deutschen Welle galten als 
erfahren und in Afghanistan kundig. Ihr Tod zeigt die reale Gefahr 
auf, in die sich Journalisten begeben, wenn sie sich in Krisen- und 
Kriegsgebiete aufmachen. Viele der Menschen, an die das Denkmal in 
Bayeux erinnert, sprachen die Sprache des Landes, kannten die Bräuche
und Risiken, wähnten sich als relativ sicher - und wurden dennoch 
Opfer von Gewalt.

Rückfragen bitte an:

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Telefon: (0201) 804-8975
zentralredaktion@waz.de

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