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WAZ: Zeit für ein bisschen Richtlinienkompetenz - Kommentar von Angela Gareis

Essen (ots)

Der Bundeskanzler hat die Richtlinienkompetenz, auch
wenn er eine Frau ist, hatte Merkel ihrem ewigen Widersacher Edmund 
Stoiber erklärt, einige Wochen bevor sie Regierungschefin wurde. Das 
ist jetzt ein Jahr her. Heute muss man sich fragen, was es mit dieser
Richtlinienkompetenz eigentlich auf sich hat, um welche Richtlinie es
dabei geht, und wie sich die Kompetenz bemerkbar macht.
Die Fabrikation einer Gesundheitsreform, die Deutschland einen 
Sommer lang erleiden musste, hat zwar keinen verständlichen Entwurf 
ergeben, aber zumindest die politische Konstellation offen gelegt. 
Die Opposition, die im Bundestag kaum mehr Beachtung findet, ist von 
einer Opposition innerhalb der Großen Koalition abgelöst worden. Die 
Regierungsparteien kämpfen gegeneinander und die Union gegen sich 
selbst, CSU gegen CDU und CDU-Ministerpräsidenten gegen die 
Bundeskanzlerin.
In diesem Salat aus Machtinteressen kann eine Richtlinie leicht 
verloren gehen. Gerade deshalb müsste Merkel versuchen, ihre 
Positionen nicht immer erst als Zweite, Dritte oder Letzte zu 
bestimmen. Als CDU und SPD ihre Debatten über die Grundsatzprogramme 
eröffneten, formulierte Kurt Beck eine Orientierung für seine Partei.
Merkel wird es vielleicht später auch tun, überließ aber zunächst 
Jürgen Rüttgers die Profildiskussion. Als der Einsatz im Libanon auf 
Deutschland zukam, war es Beck, der sich für die Beteiligung der 
Bundeswehr aussprach. Merkel holte es später nach. Als BenQ die 
Handysparte fallen ließ, telefonierte Beck mit Kleinfeld. Merkel 
mahnte Siemens Tage später zu Verantwortung.
Im Ausland kann Merkel ihre Positionen vertreten, aber im Inland 
gelingt es ihr nicht. Zweifelsohne muss sie in einer Großen Koalition
eine moderierende Funktion ausüben, was aber nicht bedeutet, dass 
immer die anderen sich eine Richtung ausdenken, dass die 
Bundeskanzlerin sich irgendwann anschließt und am Ende die 
angefaulten Kompromisse verteidigt. Allmählich wird es Zeit für ein 
bisschen Richtlinienkompetenz, andernfalls stärkt Merkel ihre Gegner 
in der eigenen Partei, während die FDP in nachgerade zudringlicher 
Weise die SPD umwirbt.
Ein Buch über Merkels Probleme gibt es auch schon. "Die 
gefesselte Kanzlerin" von Manfred Lahnstein, der früher einmal 
Kanzleramtschef unter Helmut Schmidt (SPD) war. Der Sozialdemokrat 
wird sein Werk am kommenden Dienstag in interessanter Koalition mit 
dem Liberalen Otto Graf Lambsdorff in Berlin vorstellen.

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zentralredaktion@waz.de

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