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WAZ: Deutschland bleibt sozialdemokratisch: Liberal will das Land nicht sein - Leitartikel von Ulrich Reitz

Essen (ots)

Im Moment richtet sich die Aufmerksamkeit aufs
Personal: Wer von den beiden Wahlverlierern wird uns regieren? Kommen
vielleicht sogar zwei Neue? Gibt es Neuwahlen? Über die Richtung von
Politik diskutiert derweil niemand. Wenn die Nebel sich lichten, wird
der Blick frei für das Richtungweisende, Geschichtsprägende der
letzten Wahl. Die Menschen standen zum ersten Mal in der
Nachkriegsgeschichte vor der Frage: Wollt ihr einen Politikwechsel?
Wollt ihr liberal regiert werden? Denn der eigentliche, der große
Wechsel, der hatte in der Union stattgefunden. Mit Merkel
präsentierte die Union nach Ludwig Erhard wieder einmal einen
liberalen Kandidaten. Merkel, Kirchhof, Merz, Westerwelle – so sah
die Formation aus für einen ordoliberalen Politikwechsel, nach dem
Motto: 40 Jahre lang haben wir es jetzt auf die gleiche Weise
versucht, sind wir dabei stets irgendwie sozialdemokratisch
vorgegangen (Kohl konnte richtig wütend werden, wenn man ihm eine
Politik à la Thatcher unterstellte), die Ergebnisse sind leider
trübe, dann probieren wir es jetzt eben mal anders. Das ist nun erst
einmal vorbei. Das hat zu tun mit dem neuen Sechsparteien-System von
CSU bis Linkspartei, aber nicht nur. Die Menschen wollten ihn nicht,
den Bruch mit dem Bewährten. Sie haben links gewählt und damit aus
durchgreifender Verunsicherung konservativ. Das war die asymmetrische
Wahlalternative: Im Namen einer konservativen Partei trat Merkel ein
für Veränderung, Schröder konterte im Namen seiner Fortschrittspartei
mit einem konservativen Programm: Bewahren, was sich aus Wählersicht
bewährt hat. Eins erscheint sicher: Bei den nächsten zwei, drei
Wahlen wird die Union nicht noch einmal mit einem liberalen
Kandidaten antreten. Sie wird ihren Volkspartei-Charakter betonen und
damit jene stärken, die das zunehmend unbezahlbare Subventionswesen
in allen möglichen Bereichen eher ignorieren. Derzeit ist auch
(noch?) nicht erkennbar, dass die Grünen den staatsbürokratischen,
verhaltenslenkenden und damit im Kern illiberalen Teil ihrer
Tradition abschütteln. Ganz gleich, wer demnächst Kanzler wird:
Deutschland bleibt ein sozialdemokratisches Land. Die Krise bleibt.
Und regiert wird auf Sicht.

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