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WAZ: Was für eine seltsame Debatte - Die DDR war natürlich ein Unrechtsstaat. Leitartikel von Ulrich Reitz

Essen (ots)

Wenn jetzt wieder über den Charakter der DDR
diskutiert wird, ist das nicht nur schlecht. Es sei denn, der 
Grünen-Politiker Schulz, einer aus der Bürgerrechtsbewegung in der 
DDR, behielte Recht: "Ich kenne solche Debatten. Erst heißt es, in 
der DDR war doch nicht alles schlecht. Und am Ende soll herauskommen,
in der DDR war sogar vieles besser, als es heute sei."
Was der Philosoph Sloterdijk als "Staatsbürgerverwahrungsanstalt 
Ost" verspottete, war völlig ohne Zweifel ein Unrechtsstaat. Die 
Rechtsprechung war nicht unabhängig, sondern SED-lich. Der freie 
Wille war frei, insofern er der Einheitsmeinung in der dem Politbüro 
gleichgeschalteten Presse entsprach. Man konnte frei reisen, es sei 
denn, gen Westen. Es gab genug Kinderkrippen, damit Mütter erst gar 
nicht auf den Gedanken kommen konnten, sie könnten zwischen Arbeit im
Staatswohl und Erziehung wählen. Ganz zu schweigen von den richtig 
harten Seiten des deutsch-undemokratischen Sozialismus: den Opfern 
der Willkürjustiz à la Hilde Benjamin, den versauten Karrieren der 
Kinder ihrer nicht-anpassungswilligen Eltern, usw.
Die Debatte über die DDR ist eine schöne Chance, dieselbe zu 
entlarven; und auf andere Mythen aufmerksam zu machen. Etwa jenen 
Mythos, den der SPD-Vorsitzende Müntefering in die Welt setzt. Danach
leide das Verhältnis zwischen Ost und West darunter, "dass wir 1989 
nicht wirklich die Wiedervereinigung organisiert haben, sondern die 
DDR der Bundesrepublik zugeschlagen haben". Schon vergessen, den Ruf 
der Ost-Straße, der lange vor dem 3. Oktober 1990 nicht mehr lautete:
"Wir sind das Volk", sondern: "Wir sind ein Volk"? Schon vergessen, 
dass es die DDR-Volkskammer war, die den Beitritt zur Bundesrepublik 
beschloss? Und in allem Ernst: Als das 16-Millionen-Volk aus der 
Diktatur Ost sich mit dem 60-Millionen-Volk aus der bewährten 
Demokratie West vereinigen wollte, was hätte es schon groß an so 
genannten Errungenschaften hinüberzuretten gelohnt?
In der Tat: Es gab den Ruf nach einer neuen, gesamtdeutschen 
Verfassung. Allerdings erschallte der nicht aus dem Osten, sondern 
aus dem Westen. Die SPD rief danach, nicht den Schwestern und Brüdern
Ost zuliebe, sondern um im Wahlkampf eigene Vorstellungen zu 
popularisieren. Den Artikel 146, der eine neue Verfassung erlaubt, 
gibt es heute noch. Allerdings steht davor, Gott sei Dank, eine 
Zweidrittelmehrheit in Bundestag und Bundesrat. Zwischen Ost und West
ist viel schief gelaufen. An unserem Grundgesetz lag es gewiss nicht.

Pressekontakt:

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Telefon: 0201 / 804-2727
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