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WAZ: Subventionen in Deutschland - Im Rausch der Rabattschlacht. Leitartikel von Tobias Blasius

Essen (ots)

Die Wirtschaftsprognosen können noch so düster sein,
die privaten Perspektiven noch so ungewiss, seit Wochen werden Autos 
beinahe so selbstverständlich gekauft wie Brötchen. Liebgewonnene, 
noch fahrtüchtige Wagen landen in der Schrottpresse, nur um bloß 
nicht die 2500 Euro Prämie vom Staat für ein neues Gefährt zu 
verpassen. Was als ökologisch verkleidete "Abwrackprämie" eher 
skeptisch eingeführt wurde, hat es längst zum Schlager dieses 
Krisenfrühjahrs gebracht. Wer irgendwie kann, rechnet sich wenigstens
einen kleinen Dacia oder Skoda herbei. Die Bundesregierung hat nun 
die Obergrenze von 1,5 Milliarden Euro für diese Subvention mal eben 
zu stolzen fünf Milliarden Euro aufgestockt - auf dass bis Jahresende
noch möglichst viele Autos vom Hof rollen. Ein kluger 
Konjunkturimpuls? Oder wird hier gleichsam der Verstand mit 
abgewrackt?
Selbst wer mit Autohändlern der hochpreisigen deutschen 
Premiummarken spricht, die vergleichsweise wenige Verträge schreiben,
hört begeisterte Frontberichte. Die Stimmung der Kunden sei wie 
ausgewechselt. Wo eben noch Vorsicht regierte und um jeden Sitzbezug 
gefeilscht wurde, herrsche plötzlich Kauflaune. Diese rauschhafte 
Begeisterung für den Rabatt erzählt uns Manches über uns selbst. Wenn
der Staat, der uns so viele Steuern abnimmt, einmal die 
Förderschleuse öffnet, wollen auch wir bedient werden. Wenn der 
Nachbar mit einem neuen Auto vorfährt, wären wir ja schön dumm, nicht
auch ein subventioniertes Gefährt zu erstehen. Die einfache, 
erlebbare Subvention (vergleiche Elterngeld, Pendlerpauschale etc.) 
ist uns allemal lieber als die weit größere Entlastung durch 
irgendwelche Hebesätze. Umgekehrt funktioniert der Mechanismus 
allerdings auch: Fast nichts, keine Gesundheitsreform und keine 
Beitragsbemessungsgrenze, ärgert einen so sehr wie die zehn Euro, die
am Empfangstresen der Arztpraxis zu entrichten sind. Eine 
"Servicegebühr" der Bahn treibt uns an den Rand der 
Handgreiflichkeit.
Was gruppendynamisch, gar volkspsychologisch allzu plausibel 
erscheint, könnte ein jähes Ende nehmen. Natürlich - wer wollte es 
bei klarem Verstand bestreiten? - erhöht jedes staatlich bezuschusste
Auto das öffentliche Defizit, was in Form von höheren Zinsen den 
Handlungsspielraum künftiger Generationen weiter verengt. Die 
Abwrackprämie ist am Ende doch ein Geschenk, das die Masse der 
Steuerzahler den aktuellen Autokäufern macht. Ob sich die Konjunktur 
so wirkungsvoll stützen lässt? Wenn die Abwrack-Party vorbei ist, 
kann die Stimmung gefährlich leicht umschlagen.

Pressekontakt:

Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-2727
zentralredaktion@waz.de

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