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WAZ: Ein Jahr vor der Kulturhauptstadt: Ja, wir können es. Leitartikel von Gudrun Norbisrath

Essen (ots)

Wenn die Welt brennt, fällt es schwer, über Kultur
zu reden. So gesehen, müsste Kultur allerdings abgeschafft werden. 
Ihre Geringschätzung angesichts der Bedrohung durch Armut, Krieg und 
Unterdrückung ist aber auch deshalb falsch, weil Kultur nicht die 
schönste Nebensache der Welt ist, sondern Lebensmittel. Kultur hilft 
denken, und menschlich denken. Sprechen wir also von der 
Kulturhauptstadt.
Ein Jahr vor dem Start liegt eine merkwürdige Zurückhaltung über 
dem Ruhrgebiet. Der große Jubel über den Titel hat sich gelegt, neue 
Euphorie ist nicht zu erkennen. Worauf warten wir? Auf einen Urknall?
Den hatten wir schon, wir haben es nur vergessen. Denn so einfach war
es ja nicht, dass man nur hätte zusammenzählen müssen, was längst da 
ist. Es musste ein neuer Geist her, ein Geist der Kulturhauptstadt, 
der Stadtgrenzen überfliegt und Gedankensperren. Wo ist dieser Geist 
geblieben?
Ja, wir haben die Kulturhauptstadt erfunden; allein, uns fehlt 
der Glaube. Dafür zeigen wir umso mehr kritischen Eifer und zähe Lust
am Demontieren. Wenn man den Intellektuellen glauben darf, ist alles 
nur ein populärer Unsinn. Singen, auf Schalke! Wobei es nichts zur 
Sache tut, dass das Programm erst zum Teil bekannt ist. Das ficht 
auch die Freie Theater- und soziokulturelle Szene nicht an, die laut 
klagt, die Kulturhauptstadt fördere nur elitäre Hochkultur.
Beides ist falsch. Die einen wollen nicht wahrhaben, dass auch 
Erlebnisse, die Menschen fröhlich miteinander verbinden, zur Kultur 
gehören. Die anderen hatten sich die Kulturhauptstadt als eine Art 
Milchvieh gedacht. Die Kulturhauptstadt ist aber weder ein 
Schlaraffenland für alternative Gruppen noch ein überflüssiger 
Musentempel für Krawattenträger. Sie ist ein Projekt, das Strukturen 
und Gedanken nachhaltig verändern kann.
Und sie hat schon damit begonnen. Allein, dass die Städte der 
Region angefangen haben, miteinander zu reden, kann als mittleres 
Pfingstwunder gelten.
Noch ein Jahr bis 2010. Und bald sollen wir mehr wissen. Es wird 
nicht jedem alles gefallen, es werden Fehler gemacht werden. Aber ein
bisschen Zurückhaltung beim Kleinreden, eine gewisse 
Grundbegeisterung wären schon gut. Der Geist der Kulturhauptstadt 
könnte sich sonst mit Grausen wenden, und statt stark aufzubrechen, 
werden wir versinken im nüchternen Alltag des Strukturwandels. Der 
hat seinen Platz, aber Kultur braucht Herz, um zu wirken. Yes, we 
can, Ruhrgebiet! Ja, wir können es.

Pressekontakt:

Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-2727
zentralredaktion@waz.de

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