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WAZ: Große Koalition - Krisenmanagement statt Wahlkampf - Leitartikel von Thomas Wels

Essen (ots)

In Zeiten der Krise wächst die Sehnsucht nach
Sicherheit. In der Familie, am Arbeitsplatz und in der Politik. Was 
erklärt, dass sich deutlich mehr Menschen für die Fortsetzung der 
Großen Koalition aussprechen als dagegen. Gemeinsamkeit macht stark, 
und das ist es wohl, was die Bürger von ihrer Regierung erwarten, 
wenn Tag für Tag neue Krisen-Meldungen einschlagen.
Das ist eine große Verantwortung für die Große Koalition, die 
gerade angefangen hat, sich als SPD und Union gegeneinander zu 
profilieren. Hoffen wir, dass die beiden Volksparteien den Ernst der 
Lage begreifen. Daran darf man allerdings zweifeln. Der Elan der 
Krisen-Manager, die unter allseitigem Beifall binnen einer Woche ein 
Rettungspaket für Banken über 500 Milliarden Euro geschnürt hatten, 
ist längst verflogen. Die Wahlkämpfer führen das Wort.
Das ist gefährlich. Anders als vor fünf Wochen - damals zwang die
Gefahr eines Bankenzusammenbruchs zum sofortigen Handeln - läuft die 
Krise jetzt schleichend durch die Realwirtschaft. BASF legt 80 Werke 
still, verlängerte Ferien bei ThyssenKrupp, Produktionsstopp bei 
Autobauern, 40 Prozent weniger Güterverkehr bei der Bahn - die 
Politik reagiert wie der Frosch auf der heißen Herdplatte. Beim 
langsamen Erhitzen bleibt er sitzen, wirft man ihn in heißes Wasser, 
springt er heraus. Es gibt gewiss keinen Grund für die 
Bundesregierung, über jedes Stöckchen namens Konjunkturprogramm zu 
hüpfen, das man ihr hinhält. Dennoch ist das, was sie als 
Konjunkturprogramm verkauft, bei weitem nicht ausreichend, um diese 
Krise zu bewältigen.
Dabei ist die schwierigste Aufgabe noch nicht einmal, ein 
anständiges Programm etwa über niedrigere Einkommenssteuern oder 
höhere Ausgaben in Infrastruktur aufzulegen. Die Herausforderung hat 
zwei Dimensionen: In Deutschland liegt die Kunst darin, mit einem wie
auch immer gearteten Programm Vertrauen und Zuversicht zu 
reanimieren. Wie schwer das ist, war bei der Bankenrettung zu 
beobachten: Die Banken sind vor dem Untergang bewahrt worden, das 
Vertrauen, sich untereinander und Unternehmen Geld zu leihen, ist 
nicht zurückgekehrt. Insofern ist die Rettung gescheitert. Hier ist 
dringend Nachbesserung nötig. Zweitens muss die Regierung ihr Gewicht
in der EU einbringen, um den beginnenden Subventionswettlauf zu 
stoppen. Zollschranken und Jägerzäune um Nationalstaaten waren nach 
1931 für die Tiefe der Weltwirtschaftskrise verantwortlich.
Das sind wirklich große Aufgaben für eine Große Koalition.

Pressekontakt:

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Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-2727
zentralredaktion@waz.de

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