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WAZ: Berlins Einfluss geht zurück: Rambos haben wieder Konjunktur - Leitartikel von Ulrich Reitz

Essen (ots)

Es ist wirklich erst ein paar Wochen her, da war
Angela Merkel die "wichtigste Frau der Welt"; hatte die USA in 
Heiligendamm in einen Klima-Kompromiss hineincharmiert; die 
Europäische Verfassung gerettet (selbst, wenn die nun anders heißt). 
Die erfolgreichste internationale Moderatorin auf dem Höhepunkt ihres
Ansehens. Inzwischen ahnen wir: Das war einmal. Deutschland, die 
deutsche Kanzlerin, ist wieder auf Normalmaß geschrumpft. Aber: Ist 
das überhaupt schlimm?
Jetzt sieht die Chose wieder anders aus als zu Sommeranfang. 
Glaubt man Frankreichs Sarkozy, hat er die bulgarischen 
Krankenschwestern aus den Klauen Gaddafis im Solo befreit wie einst 
John Rambo amerikanische Kriegsgefangene aus den Lagern der Vietcong.
Hyperaktiv und national wie immer schon liefern die Franzosen ein 
Atomkraftwerk an den Wüstenfuchs, als wäre der ein lupenreiner 
Demokrat. Zuvor hat Sarko den früheren Finanzminister Strauss-Kahn 
zum IWF-Chef gemacht und darüber, wie der "Spiegel" schreibt, zwar 
"diverse europäische Länder vorab informiert, die Deutschen aber 
nicht".
Und auch George Bush macht wieder das, was er am liebsten treibt:
den stärksten Mann der Welt geben. Von heute auf morgen mal eben 
umschalten von Demokratie - auf Waffen-Export in Nahost. Das wacklige
Saudi-Regime, wo so viele Terroristen produziert werden wie kaum 
irgendwo sonst auf der Welt, mit Waffen versorgen. Ausgerechnet den 
Briten Blair, den engsten Irak-Kriegs-Verbündeten, zum 
Nahost-Beauftragten zu machen, wo er auch europäische, deutsche 
Interessen zu vertreten hat. Wenn es zur Sache geht, wenn 
Rüstungsaufträge zu vergeben sind oder militärischer Einfluss, wenn 
also nationale Interessen unter der Überschrift "Realpolitik" 
dominieren, dann ist Deutschland kaum noch gefragt.
Na und? Ausgesprochen national zu agieren, ist Deutschland noch 
nie gut bekommen. Weder im Kaiserreich auf der Suche nach einem 
"Platz an der Sonne" und schon gar nicht danach. Die ausgesprochen 
europäische Ausrichtung der zweiten deutsche Republik, der Verzicht 
auf eine ausgemachte deutsche Interessenpolitik und nationales 
Gedröhne, waren die parteiübergreifend getragenen Konsequenzen 
daraus. Aktuell passt die Rolle des multilateral gesonnenen 
Konsens-Suchers ausgesprochen gut zur nüchternen Kanzlerin. Weder 
Bush noch Sarkozy liefern gute Vorbilder ab für einen deutschen 
Regierungschef.

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