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BERLINER MORGENPOST

Berliner Morgenpost: 60 Jahre Deutschland

Berlin (ots)

Es gibt schönere und reichere Städte in
Deutschland. Doch keine ist wichtiger als Berlin. Im 
Zwei-plus-Vier-Vertrag von 1990 über die deutsche Einheit wird 
Berlin, bis dahin unter Viermächteverantwortung, eigens erwähnt.
Es war der legendäre Shepard Stone, Gründer des Aspen-Instituts 
Berlin, der stets sagte: "Alles geschieht in Berlin." Tatsächlich 
hatte die Stadt weit über Deutschland hinaus weltpolitische 
Bedeutung, weil Groß-Berlin völkerrechtlich weder gänzlich zur 
Bundesrepublik gehörte noch zur DDR. Auch das Grundgesetz von 1949 
hat sich damit abfinden müssen. Niemand kann die Geschichte des 
geteilten Deutschland und des Kalten Krieges schreiben, ohne dass 
Berlin, zuerst halb und dann ganz geteilt, darin die zentrale Rolle 
zukommt.
Das nicht nur, weil Berlin Hauptstadt des gestürzten Reichs war. Es 
war vielmehr Ergebnis der Planungen der "Big Three" für die spätere 
Ordnung Deutschlands und, unausgesprochen, Europas. Am 12.September 
1944 zeichneten ihre Vertreter in London auf eine Verwaltungskarte 
des Deutschen Reichs in die Grenzen von 1937 die künftigen 
Besatzungszonen ein, drei an der Zahl - Frankreich wurde später aus 
der britischen und amerikanischen Zone bedient. Dazu wurde inmitten 
der übergroßen sowjetischen Besatzungszone, die auch die künftig 
polnischen Gebiete umfasste, ein Sondergebiet markiert: Berlin, in 
drei Sektoren geteilt.
Diese seltsame Architektur verriet Misstrauen der Alliierten 
gegeneinander, denn alle wollten einen Anteil an der deutschen 
Verwaltungs- und Regierungszentrale. Aber auch Vertrauen, dass die 
Anti-Hitler-Allianz halten würde - was bekanntlich längst Illusion 
war. Der Kalte Krieg hatte über Polen und die Türkei längst begonnen,
und mit der Sozialrevolution in der Sowjetischen Besatzungszone wurde
auch Deutschland geteilt. Die SED entstand aus der Vergewaltigung der
SPD durch die Kommunisten. 1948 ging es um Einführung der D-Mark im 
Westen Deutschlands als Voraussetzung des Marshallplans. Stalin 
antwortete durch Blockade West-Berlins, der Westen durch die 
Luftbrücke - und unversehens wurden aus den besiegten Deutschen 
künftige Alliierte: Alles geschieht in Berlin.
Zehn Jahre später wollte der Sowjetführer Chruschtschow, nunmehr über
Nuklearwaffen und Raketen verfügend, die westlichen Schutzmächte 
herausdrücken aus Berlin: Hart am Rande des Krieges kam es zum 
Mauerbau 1961. Die Fortsetzung kam mit der Kubakrise 1962, wiederum 
am Rande des Atomkriegs.
Aus Furcht und Vernunft entstand seitdem die Kathedrale der 
Rüstungskontrolle. "Abschreckung UND Entspannung" wurde 1967 
westliche Strategie. Mit dem Berlinabkommen froren die vier Mächte 
den Status quo in Berlin ein, ebneten aber zugleich den Weg zum 
Grundlagenvertrag der Bonner Republik mit der Republik von Pankow. Es
war die seltsame internationale Lage Berlins, die zuerst den Kalten 
Krieg fokussierte und dann die Deutschlandpolitik in Gang hielt, 
nicht Strategie der Wiedervereinigung, sondern Management des 
Systemkonflikts.
"Völker der Welt, schaut auf diese Stadt" - so einst Ernst Reuter. Am
9.November vor 20 Jahren war es so weit. Alles geschieht in Berlin.

Pressekontakt:

Berliner Morgenpost

Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de

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