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Berliner Morgenpost: Die Autoindustrie ist nicht unschuldig an ihrer Krise - Kommentar

Berlin (ots)

Nicht selten braucht es plötzliche, tiefe Krisen,
damit ohnehin unaufhaltsame Umbruchsprozesse in Gang kommen. Das gilt
auch für die Autoindustrie: Seit einhundert Jahren entwickelt und 
produziert die Branche Vehikel mit vier Rädern, einem Lenkrad und 
einer Karosserie. Ebenso lange setzt sie auf den Ottomotor. Doch der 
Ölpreisschock und der Einbruch in wichtigen Märkten wie Nordamerika, 
Westeuropa und Japan zeigen allen Herstellern, dass sich kein 
Produzent herkömmlicher Autos seiner Zukunft mehr sicher sein kann.
Kaum ein Tag vergeht ohne Gewinnwarnungen, Produktionssenkungen oder 
die Ankündigung von Kurzarbeit. Die Verbraucher sind verunsichert und
zögern mit dem Autokauf. Wer will heute schon ein Fahrzeug neu 
ordern, das zwar aufgrund seiner hohen Qualität zehn oder zwölf Jahre
hält, aber dafür einen Verbrennungsmotor hat, dessen Tankfüllung in 
wenigen Jahren schon fast zum Luxus werden könnte.
Die Entscheidung der Bundesregierung, in den nächsten zwei Jahren 
Neuwagenkäufer von der Kfz-Steuer zu befreien, ist vor diesem 
Hintergrund zwar löblich, aber doch nur ein Anfang. Den Absatz dürfte
dieses "Subventionsprogramm" nur leicht ankurbeln - das zeigt auch 
die Skepsis des sonst so zuversichtlichen Branchenverbands VDA. Um 
für weiter reichende Anreize und damit wirklich spürbare zusätzliche 
Impulse bei den zurückhaltenden Autokäufern zu sorgen, muss mehr 
geschehen. Dazu zählen etwa zinsgünstige Kredite, eine 
Verschrottungsprämie für Altautos oder die seit langem von der 
Bundesregierung hinausgeschobene Reform der Kfz-Steuer auf eine am 
Kohlendioxid-Ausstoß basierende Abgabe. Doch das sind nur die 
gesetzlichen Rahmenbedingungen, die der Branche helfen können.
Die Jahre des klassischen Verbrennungsmotors sind jedoch gezählt - 
die Zukunft des Antriebs ist elektrisch. Fraglich ist nur, ob es in 
zehn oder in 15 Jahren so weit sein wird. Dieser Umbruch trifft auch 
die deutschen Hersteller mit aller Härte. In der Vergangenheit haben 
sie trotz vieler Erfolge Branchentrends wie den Katalysator, den 
Rußpartikelfilter oder den Hybridantrieb verschlafen oder nicht 
weiter verfolgt. Und auch heute wirken die großen Konzerne nicht 
zeitgemäß aufgestellt. Unternehmen wie Audi, BMW oder Daimler 
definieren sich in erster Linie weiter über Design, Pferdestärken und
Geschwindigkeit.
Das wird sich bald ändern. Dabei geht es eben nicht mehr nur um neue 
Modelle, die sich im Aussehen, Verbrauch und in technischen 
Feinheiten vom Vorgängermodell unterscheiden. Es geht um 
Unterscheidungsmerkmale, die heute noch keine Rolle spielen - allen 
voran die Antriebsart.
Das könnte dramatische Folgen haben. Denn die Autobauer bringen 
beispielsweise beim Thema Batterie als Energiespeicher für den 
Antrieb so gut wie keine Kompetenz mit. Es ist folglich keinesfalls 
sicher, dass Daimler und Co. am Ende Herr des Geschehens sind. Es 
könnten vielmehr Zulieferer wie der Batteriehersteller Sanyo oder 
Energiekonzerne wie RWE diejenigen sein, die ihre Wertschöpfungskette
erweitern und sich eines Tages einen Autobauer einverleiben.

Pressekontakt:

Berliner Morgenpost
Chef vom Dienst
Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de

Original-Content von: BERLINER MORGENPOST, übermittelt durch news aktuell

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