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Lausitzer Rundschau: Der Versöhner Der neue Bundespräsident hält eine bemerkenswerte erste Rede

Cottbus (ots)

Der Mann wird noch viele überraschen. Vor allem jene, die geglaubt hatten, ihn locker vor den eigenen Karren spannen zu können. Noch ehe der neue Bundespräsident im Amt war, wusste ein bekanntes deutsches Nachrichtenmagazin schon ganz genau, wie er dieses ausüben würde - als "Leviten-Leser" nämlich, der die träge gewordenen Deutschen kraft der ihm gegebenen Wortgewalt aus der sozialen Hängematte scheucht. Zumindest diese Erwartungen hat Joachim Gauck bei seiner ersten wichtigen Rede am gestrigen Freitag schwer enttäuscht, die ihm angetragene Rolle einfach verweigert. Natürlich ist der gebürtige Rostocker seinem Lebensthema, der Freiheit, treu geblieben. Aber er hat auch klargestellt, dass sich Freiheit und Gerechtigkeit, auch soziale Gerechtigkeit, nicht gegeneinander ausspielen lassen, weil sie sich wechselseitig bedingen. Seine Worte waren eine klare Absage an alle Gegner unserer Demokratie. Und eine Aufforderung an alle anderen, sie aktiv mitzugestalten. Der Politikverdrossenheit setzte Gauck die Vision der Mitmachgesellschaft entgegen - und stellte klar, dass sich Bürger und Staat nicht konfrontativ gegenüberstehen, sondern es die Bürger sind, die ihr Gemeinwesen prägen können und müssen, unabhängig von ihrer Stellung oder Herkunft. Es passte in dieses Bild, dass das neue Staatsoberhaupt Worte der Anerkennung ebenso für die Generation der 68er im Westen wie für die friedliche Revolution der Ostdeutschen fand. Das vielleicht Bemerkenswerteste an einer bemerkenswerten Rede aber war, dass es Gauck angesichts der Finanz- und Schuldenkrise nicht etwa bei einem pflichtgemäß-müden Bekenntnis zur Europäischen Union beließ, sondern weit darüber hinaus ging. "Wir wollen mehr Europa wagen" - das hatte Größe. Wer den erhobenen Zeigefinger erwartet hatte, den überraschte Gauck mit weit geöffneten Armen. Nicht als Oberlehrer trat er auf, sondern als Versöhner. Mancher, der anderes erhofft und erwartet hatte, mag nun ein wenig nachdenklich geworden sein. Bisherigen Skeptikern aber gab Joachim Gauck reichlich Anlass, Vertrauen zum neuen Mann im höchsten deutschen Staatsamt zu fassen. Und Vertrauen ist der Anfang von allem. Auch einer erfolgreichen Präsidentschaft.

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