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Fordern, nicht fördern/ taz-Kommentar von Gareth Joswig über Kinder am Existenzminimum

Berlin (ots)

Was sagt es über Deutschland aus, wenn jedes siebte Kind am Existenzminimum aufwächst? Die Bundesrepublik könnte es sich locker leisten, anständige Arbeitslosenunterstützung zu zahlen. Insbesondere sollte sie das für alleinerziehende Eltern und Familien am Existenzminimum tun. Stattdessen zieht das Jobcenter Kindergeld von der Grundsicherung ab und Jobvermittler dürfen bei Verstößen gegen Auflagen das Existenzminimum von Familien zusammenkürzen. Welches Menschenbild liegt dieser sanktionsbasierten Arbeitslosenhilfe zugrunde?​

Das größte Armutsrisiko in Deutschland tragen seit Jahrzehnten alleinstehende Frauen. Damit betrifft Armut genau die Gruppe, die am dringendsten Unterstützung bräuchte. "Kinder sind unsere Zukunft" ist eben nicht nur eine hohle Phrase aus der Bildungspolitik. Alleinstehende mit Kindern sind aufgrund von Erziehungsarbeit besonders oft auf Grundsicherung angewiesen. So geraten Millionen Menschen unverschuldet in den Leistungsbezug. Sie sind nicht arbeitsunwillig, aber dennoch unzureichend abgesichert. Ganz zu schweigen von ihren Rentenaussichten.​

Es bedarf einer sanktionsfreien Grundsicherung, insbesondere dort, wo Kinder groß werden. Denn nach einem zeitgemäßen Menschenbild, fernab von sozialdarwinistischen Ansichten einer neoliberalen Wirtschaftslogik, braucht der Mensch zur Entfaltung zuerst die Förderung, also ein Grundmaß an finanzieller Unabhängigkeit und Sorglosigkeit. Nicht eine hohle Forderung nach dem Motto "Arsch hoch", wie Goldkettchen-Sozialdemokrat Gerhard Schröder sie dachte. Alleinstehende kommen meist gar nicht erst dazu, sich hinzusetzen.​

Kinder sind in Deutschland ein Armutsrisiko. Verheiratete "Dinks" (Double Income, No Kids) sind gesellschaftliche Gewinner. Und Demografen wundern sich über Deutschlands rückläufige Geburtenrate.​

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