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Rheinische Post: Kommentar: Die SPD, die SPD, die hat immer recht

Düsseldorf (ots)

Es gehört zu den großen journalistischen
Gemeinheiten, die gleichzeitig Verdienst sind, was sich ein 
Fernsehsender in seiner Berichterstattung über die Wahl des neuen 
SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel leistete: Die Fernsehmacher schnitten
Bilder der letzten vier Vorsitzenden-Wahlen kommentarlos 
hintereinander: Rede, Jubel des Parteitags, Wahl, Jubel. Platzeck, 
Beck, Müntefering, jetzt Gabriel  die immer gleiche Szene.
Das ist gemein, weil es der Sozialdemokratie mangelnde Lernfähigkeit 
unterstellt. Das ist verdienstvoll, da die Lernfähigkeit der 
Sozialdemokratie tatsächlich begrenzt scheint. Die Kraft der 
Autosuggestion hat jedenfalls in Dresden wieder alles andere 
untergepflügt. Gabriels Rede richtete sich nach innen, an die, die 
die SPD die Basis nennt, die in Wahrheit aber die Funktionärsschicht 
sind. Sie gewann Gabriel für sich. Nur um danach bei der mit nicht 
einmal 70 Prozent der Delegiertenstimmen gewählten Generalsekretärin 
Andrea Nahles miterleben zu müssen, wie grabenkämpferisch das 
Mittelmanagement der Partei unterwegs ist.
Der Ton, die Denkmuster der allermeisten Funktions- und Mandatsträger
sind Beleg für zweierlei. Erstens: Die SPD hat sich immens weit von 
der breiten Bevölkerung entfernt. Sie ist vor allem Klientelpartei 
einer Angestellten- und Beamtenkultur des öffentlichen Dienstes und 
verwandter Strukturen. Die sie tragenden Kader sind in den siebziger 
oder frühen achtziger Jahren sozialisiert worden. Es sind 
Bildungsaufsteiger, die ihre Geschichte immer noch als Muster auf die
globalisierte Gesellschaft legen. Zweitens: Die Formen parteiinterner
Auseinandersetzung orientieren sich deshalb an den in der 
Hochschulpolitik der Siebziger gewonnenen Erfahrungen. Intrigen per 
Positionspapier, Demütigung per schlechtem Listenplatz, Abstrafung 
per organisierter Wahlschlappe wie im Fall Nahles.
Das ist fatal, weil die führende SPD-Schicht die eigene Rolle 
heroisiert und zum Standard erklärt, dabei aber nur das Image der 
Partei beim Bürger ruiniert hat. Gleichzeitig romantisiert die 
akademisierte Parteielite die Probleme der Zeit. Realitätsnähe erlebt
man am ehesten bei SPD-Bürgermeistern und -Landräten, nur in 
Ausnahmefällen bei auf der Medienwelle nach oben getragenen 
Spitzenpolitikern wie Peer Steinbrück. Nicht umsonst flüchteten sich 
Parteiführer, die regieren mussten - also Schmidt, Clement, später 
Schröder / Müntefering -, ins Autokratische und suchten sich ihre 
Verbündeten überall, aber zuletzt in der Partei.
Die Käseglocke, unter der die SPD lebt, hat die einstige Programm- 
und Ideenpartei intellektuell dramatisch ins Hintertreffen geraten 
lassen: Familienpolitik, Integration, Kontakt zur modernen 
Arbeitnehmerschaft sind Politikfelder, die aktuell mit der 
orangefarbenen Merkel-CDU und nicht mit der klassischen Sozialpartei 
SPD verbunden werden.

Pressekontakt:

Rheinische Post
Redaktion

Telefon: (0211) 505-2303

Original-Content von: Rheinische Post, übermittelt durch news aktuell

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