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Rheinische Post: Zeitbomben in Bank-Bilanzen von Thomas Reisener

Düsseldorf (ots)

Die Zuversicht des Finanzministers ist
bemerkenswert. Auch am zweiten Tag des Börsencrashs sah Peer 
Steinbrück gestern "keinen Anlass, an der Stabilität des deutschen 
Finanzsystems zu zweifeln". Die Schätzung des Internationalen 
Währungsfonds, nach der die Bankenkrise eine Billion Dollar 
vernichtet, kanzelte er als "nicht hilfreich" ab. Sie trüge nur "zur 
weiteren Verunsicherung" bei. Aber ist ein bisschen Verunsicherung 
nicht angemessen, wenn die Welt Zeuge einer "Kernschmelze des 
Bankensystems" (Börsen-Zeitung) wird?
Allein in den USA hat diese Kernschmelze innerhalb eines Jahres zwölf
Finanzkonzerne entweder vernichtet oder unter staatliche Obhut 
gezwungen. Zuletzt drei der weltgrößten Investmentbanken: Giganten 
der Weltwirtschaft, die rund um den Globus Börsengänge und 
Firmenfusionen organisiert haben. Sie waren der Nabel der globalen 
Finanzarchitektur. In Deutschland war die SachsenLB das erste Opfer. 
Gefolgt von der Düsseldorfer IKB-Bank, die auch mit 9,8 Milliarden 
Euro Steuergeldern nicht zu retten war. Die Rückversicherer Münchener
und Hannover Rück haben der Krise ebenso Milliarden hinterher 
geworfen wie die Deutsche Bank, die BayernLB und viele weitere 
Institute im europäischen und asiatischen Ausland. Welche Zeitbomben 
noch in den Bilanzen der Banken dieser Welt schlummern, weiß kein 
Mensch. Nicht einmal die Banker selbst.
Denn das ist das Gespenstische an dieser Krise: Sie wurde ausgelöst 
durch Finanzprodukte, die die Banken selbst nicht mehr verstehen. Die
Amerikaner haben schlecht besicherte Hypothekenbriefe mit völlig 
anderen Wertpapieren zu so wilden Sträußen gebündelt und über die 
Börse verkauft, dass die Käufer den realen Gegenwert gar nicht mehr 
einschätzen konnten. Und es bis heute nicht können. Aber jetzt, wo 
jeder diese Frankenstein-Papiere nur noch loswerden will, beißen die 
Letzten die Hunde: Wer auf ihnen sitzen geblieben ist, muss 
zusätzlich zum Kaufpreis auch für die geplatzten Hypotheken 
aufkommen, die darin versteckt sind. In dieser chaotischen 
Kettenreaktion ist nur eine Konstante erkennbar: Bis jetzt hat noch 
jede Bank und jede Versicherung einen Absturz weit von sich gewiesen.
Auch kurz vor der eigenen Pleite noch.
Weil das Ende der Finanzkrise nicht absehbar ist, kann man nur raten,
wie stark die Weltwirtschaft noch unter ihr leiden wird. Vier 
Schlussfolgerungen liegen aber jetzt schon auf der Hand. Erstens: 
Immobilienkrisen sind auch Bankenkrisen. Zweitens: Bankenkrisen sind 
auch Wirtschaftskrisen. Drittens: Der Staat sollte nicht mehr mit 
Steuergeldern das Fehlverhalten hochbezahlter Top-Banker ausgleichen.
Banken, die ihr Konkurs-Risiko nicht selbst tragen müssen, werden 
unvorsichtig. Viertens: Offenbar hat die Globalisierung inzwischen 
einen Komplexitätsgrad erreicht, den ihre eigenen Akteure nicht mehr 
ausreichend beherrschen.

Pressekontakt:

Rheinische Post
Redaktion

Telefon: (0211) 505-2303

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