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Weser-Kurier: Zu Uli Hoeneß schreiben Daniel Killy und Joerg-Helge Wagner im "Weser-Kurier" (Bremen) vom 15. März 2014:

Bremen (ots)

Daniel Killy hat weiter Respekt vor Uli Hoeneß, aber nicht vor denen, die ihn verurteilen:

Wahre Größe zeigt sich im Moment der Niederlage - und dabei ist es egal, ob die nun selbst verschuldet ist oder nicht. Insofern kann man vor Uli Hoeneß nur den Hut ziehen. Konsequent nimmt er das Urteil an - und damit all jenen den Wind aus den Segeln, die als Verschwörungstheoretiker überall einen Promibonus vermuten. Ob der im Berufsleben stets kühl kalkulierende Machtmensch Hoeneß während seines Zocker-Deliriums nun klinisch betrachtet wirklich bei Trost war - für den Verurteilten Hoeneß zählen derlei Fragen nicht. Er stellt sich der Verantwortung für seine (Straf-)Taten. Ohne Wenn und Aber. Das verdient genau den Respekt, den der Millionen-Jongleur bereits verspielt zu haben schien. "Steuerhinterziehung war der Fehler meines Lebens. Den Konsequenzen dieses Fehlers stelle ich mich." Die Politik war übrigens sehr schnell und lautstark mit Lob für das Urteil zur Hand. Bundestags-Vizepräsidentin Claudia Roth, die gern die Moralkeule schwingt, sich aber beim Abklatschen mit dem Mullah-Regime des Iran fotografieren lässt, kommentierte schwungvoll: "Das Urteil zeigt die Bedeutung von Steuern für unser Gemeinwesen." Und Vizekanzler Gabriel begrüßt die Gerichtsentscheidung als Beweis dafür, dass "der Rechtsstaat funktioniert." Wirklich? Das Glashaus, aus dem maßgebliche Teile der deutschen Politiker-Gilde jetzt Findlinge in Richtung Hoeneß werfen, ist ziemlich groß. Nehmen wir Claudia Roths Einlassung zur Bedeutung der Steuern für das Allgemeinwesen. Diese Bedeutung gilt auch und gerade für eingenommene Steuergelder, die von der Politik vergeudet werden. Allein eine Viertelmilliarde hat der ehemalige Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz, Kurt Beck, am Nürburgring versenkt. Das Geld ist weg, genau wie Beck. Aber weder wird er dafür haftbar gemacht, noch gibt es eine Möglichkeit, diese Wahnsinns-Summe jemals wieder zurückzuholen. Um Milliarden gar geht es beim sogenannten Hauptstadtflughafen. Deutschlands größte betongewordene Blamage ist letztlich von gleich zwei Regierungschefs zu verantworten: Klaus Wowereit und Matthias Platzeck. Gegen die Summen, die die beiden (ehemaligen) Aufsichtsratsvorsitzenden des BER an öffentlichen Geldern versenkt haben, sind Hoeneß' Zockereien Taschengeld. Vom Millionengrab Elbphilharmonie in Hamburg soll hier gar nicht erst die Rede sein. Wohl aber davon, was eigentlich verwerflicher ist: Eigenes Geld zu verzocken, dabei die Gewinne nicht zu versteuern und dafür zu büßen, strafrechtlich, moralisch wie materiell<ET>. Oder Steuereinnahmen, also das Geld der Bürger, hemmungslos zu verplempern, nicht dafür geradezustehen und - wie im Falle Wowereits - weiterhin an dem Amtssessel zu kleben? "Steuerverschwendung war der Fehler meines Lebens. Den Konsequenzen dieses Fehlers stelle ich mich." Sobald ein Politiker in diesem Lande das Hoeneß-Bekenntnis einmal so abwandeln würde, wäre ein Großteil der Steuergerechtigkeit wieder hergestellt. Darauf allerdings werden wir wahrscheinlich so lange warten müssen, bis der Bundesrechnungshof kein Schwarzbuch zu den größten Steuerverschwendungen des Jahres mehr aufzulegen braucht. Bis dahin herrschen weiter Hybris und Selbstgerechtigkeit. Respekt vor Uli Hoeneß.

Joerg Helge Wagner

findet, Uli Hoeneß schuldet uns noch zu viele Antworten

Warum tut er das? Das ist die Frage, deren Millionenwert auch dann noch nicht beziffert werden kann, wenn die Landsberger Zellentür hinter Uli Hoeneß ins Schloss gefallen ist. Glaubt man den gestern flugs aus allen möglichen Ecken gesendeten Solidaritätsadressen, dann begibt sich hier ein ganz Großer des deutschen Sports in tiefer Demut auf einen Opfergang. "Respekt" verdiene der Entschluss des einst nahezu allmächtigen Bayern-Präsidenten, dass er auf eine Revision verzichten und nun doch seine Haftstrafe wegen Steuerhinterziehung antreten will. Na ja, ungefähr so viel Respekt wie weiland Tennis-Papa Peter Graf, der 1997 ebenfalls die Revision durch seinen Anwalt zurücknehmen ließ und dann für seine Steuersünden hinter Gittern büßte. Nichts spricht bei Hoeneß' Charakter und Biografie dafür, dass wir es hier mit einem Mann zu tun haben, der nicht bis zum Letzten kämpft, der nicht auch noch die kleinste Chance auf einen Sieg in der Nachspielzeit nutzen würde. Alles andere wäre dem früheren Mittelfeldspieler und Außenstürmer, Weltmeister, mehrfachen Deutschen Meister und Pokalsieger völlig wesensfremd. Viel, sehr viel spricht hingegen dafür, dass der überragend erfolgreiche Manager eben nicht der adrenalin-süchtige Zocker ist, den er darstellte, um Verständnis (bei den Medien) und Milde (vor Gericht) zu erheischen. Nein, dieser Mann kann durchaus Risiken abschätzen, kühl kalkulieren und eben auch knallharte Entscheidungen treffen. Offenbar vertraut der Selfmade-Man nicht mehr den großspurigen Erfolgsbeteuerungen seines Promi-Anwalts Hanns W. Feigen, dass der Bundesgerichtshof schon alles zum Guten richten werde. Nach der Hyperinflation seiner Steuerschuld im ersten Verfahren hätte man gespannt sein dürfen, was noch alles ans Licht kommt, wenn das Ganze erneut aufgerollt werden müsste. Hoeneß hat offenbar beschlossen, einen happigen, aber doch nicht zu hohen Preis zu bezahlen, um sein Lebenswerk zu retten: die Marke, das Unternehmen 1. FC Bayern als derzeit besten Fußballclub weltweit. Dafür wären knapp zwei Jahre, womöglich vom ersten Tage an als Freigänger, nicht zu viel. Vor allem: Zumindest Richter und Staatsanwälte würden keine Fragen mehr stellen. Etwa danach, wieviel Geld man eigentlich in der Schweiz anlegen muss, um allein im Jahr 2005 daraus mehr als 78 Millionen Euro Gewinn zu erzielen. Nein, hier geht es nicht mehr um das geliehene Spielgeld von vergleichsweise bescheidenen 20 Millionen Mark des verblichenen Adidas-Chefs Louis-Dreyfus. Hier müssen so gewaltige Summen geparkt und auch eingesetzt worden sein, dass sie eher zu einem Großkonzern als zu einer Wurstfabrik passen. Und sie passen auch nicht mehr zum Privatvermögen eines gewiss bestens bezahlten Managers und Ex-Spitzenkickers. Alles nur kleinbürgerliche Verschwörungstheorien? Hysterie missgünstiger Medienvertreter? Wer so redet, sollte nicht vergessen, dass die rund 50 Millionen Euro, die der Staat nun von Hoeneß kassieren kann, nicht hoch-effektiven Steuerfahndern zu verdanken sind, sondern letztlich einem einzelnen hartnäckigen Journalisten. Angst vor Entdeckung und nicht Einsicht ins Unrecht trieb den Bayern-Boss zur missglückten Selbstanzeige. Weder dafür noch für seinen Verzicht auf Revision schuldet ihm irgendwer Respekt. Im Gegenteil: Hoeneß schuldet noch Antworten auf viele millionenschwere Fragen.

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