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Börsen-Zeitung: Die neue Daimler AG, Kommentar von Claus Döring zur Trennung von Daimler und Chrysler

Frankfurt (ots)

Das Aufatmen bei der "neuen" Daimler AG ist nach
der nunmehr zwei Jahrzehnte währenden Geschichte von "trial and 
error" verständlich. Prima facie ist es sogar ein Ende ohne Schrecken
geworden, denn der Schrecken hat längst stattgefunden als 
milliardenschwere Wertvernichtung des Aktionärsvermögens in den 
zurückliegenden Jahren. Der Chrysler-Verkauf jetzt also als 
Win-win-Situation für alle Beteiligten? Es wäre zu schön, um wahr zu 
sein. Gewinner sind derzeit sicherlich die Aktionäre von 
DaimlerChrysler. Schon die Vorfreude auf die Scheidung ließ den 
Aktienkurs seit Jahresanfang um 30% steigen, und die endgültige 
Trennung von Kasse und gegenseitigen Verpflichtungen begeistert die 
Investoren.
Gewinner sind auch die Mitarbeiter von Daimler und nicht zuletzt 
Dieter Zetsche persönlich. Der Vorstandsvorsitzende hat die Scheidung
von Daimler und Chrysler in ähnlich rekordverdächtiger Zeit zuwege 
gebracht wie sein Vorgänger Jürgen Schrempp vor neun Jahren die 
Hochzeit. Beide haben Berge von vermeintlichen und wirklichen 
Problemen, die die Experten in solchen Fällen vortragen, mit 
Pragmatismus und strategischem Willen beiseitegeräumt. Allerdings: 
Die wahren Kosten der Scheidung wird man ebenso wie die Kosten der 
Hochzeit erst viel später sehen.
Schon heute absehbar ist, dass Chrysler und deren Mitarbeiter die 
Verlierer der Trennung sein werden. Die Gemeinsamkeiten, sprich die 
Synergien zwischen beiden Konzernteilen, waren längst ausgeschöpft, 
die Kostenstrukturen optimiert. Chryslers Schwäche ist allerdings 
seit Jahren die Modellpalette. In diesem Punkt war man zuletzt in 
Auburn Hills mehr denn je auf Know-how- und Technologietransfer aus 
Stuttgart angewiesen. Auf sich allein gestellt sieht es in dieser 
Hinsicht für Chrysler jetzt noch düsterer aus. Eine Forschungs- und 
Entwicklungsabteilung, die diesen Namen verdient, hat Chrysler längst
nicht mehr. Das Handgeld von 7,4 Mrd. Dollar, das Daimler vom 
Finanzinvestor Cerberus für 80% der Anteile erhält und das benötigt 
wird, um Chrysler auf eigene Beine zu stellen, wird nicht weit 
reichen. Und mit Geld allein ist es nicht getan. Deshalb wird der 
neue Chrysler-Haupteigentümer möglichst bald industrielle Partner 
einbinden müssen.
Chrysler war für Daimler eine gewaltige Giftpille gegen feindliche
Übernahmen: In den ersten Jahren nach der Fusion wegen der deutlich 
größeren Marktkapitalisierung, später wegen der Chrysler-Verluste und
der Sanierungskosten. Jetzt, wo Chrysler weg ist, wird der Druck auf 
Daimler nicht geringer werden. Dieter Zetsche hat künftig den heißen 
Atem der Finanzinvestoren im Nacken. Er muss beweisen, dass der 
Premiumhersteller Daimler eine Zukunft als eigenständiges 
Automobilunternehmen hat - eine Vision, die seine Vorgänger Edzard 
Reuter und Jürgen Schrempp nicht teilten, obwohl sie damals noch auf 
begrenzten Schutz durch den Großaktionär Deutsche Bank setzen 
konnten. Für die Daimler AG kommt es nun darauf an, mit ihren 
Premiumfahrzeugen auch Premiumgewinne einzufahren und damit ein 
deutlich höheres Kurs-Gewinn-Verhältnis der Aktie zu rechtfertigen 
als bei den Massenherstellern. Ein neues Kapitel in der 
Daimler-Geschichte beginnt.
(Börsen-Zeitung, 15.5.2007)

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