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Börsen-Zeitung: Säbel pariert Florett, Kommentar zum Konflikt zwischen Euro-Gruppenchef Jean-Claude Juncker und EZB-Präsident Jean-Claude Trichet von Jürgen Schaaf

Frankfurt (ots)

Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB),
Jean-Claude Trichet, hat den Angriff auf die Unabhängigkeit der 
europäischen Geldpolitik fürs Erste erfolgreich abgewehrt. Luxemburgs
Regierungschef und Finanzminister Jean-Claude Juncker bleibt nun auch
ohne eine Zusage zusätzlicher Treffen mit der EZB an der Spitze der 
Euro-Gruppe.
Seit Monaten schwelt der Konflikt zwischen den beiden 
Jean-Claudes, die beide für sich in Anspruch nehmen, "Mr. Euro" zu 
sein. Angezettelt hatte der Luxemburger Premier die 
Auseinandersetzung. Er hatte in einem Brief Trichet zu zusätzlichen, 
regelmäßigen Treffen aufgefordert, um über währungs- und 
wirtschaftspolitische Fragen zu beraten. Dieser hatte den Brief 
ignoriert. Daraufhin verlagerte Trichet die Debatte in die 
Öffentlichkeit. Zuletzt hatte er seine Kandidatur für eine zweite 
Amtsperiode als Euro-Gruppen-Chef davon abhängig gemacht, dass er 
Rückendeckung bekomme für seine Forderung nach einem "verbesserten 
Dialog" mit der EZB.
Zugegeben: Es ist nicht die feine europäische Art, die 
schriftliche Anfrage eines hohen Repräsentanten einer europäischen 
Institution zu ignorieren. Und auch sonst hat Juncker in der 
Auseinandersetzung eher die feine Klinge der Diplomatie geführt, hat 
Trichet immer nur leicht mit ironischen Spitzen gepiekst, während 
sein Gegner unwirsch und nicht sehr elegant sowie mit wenig Humor mit
dem schweren Säbel zurückschlug - und zwar immer in dieselbe Kerbe: 
den Verweis auf die Unabhängigkeit der Geldpolitik.
In der Sache aber ist dem Franzosen uneingeschränkt 
beizupflichten. Treffen und Konsultationen zwischen den beiden 
Institutionen gibt es bereits zur Genüge. Die Aufgabenteilung 
zwischen europäischer Finanz- und Geldpolitik ist zudem klar 
geregelt: Die Mitglieder der Euro-Gruppe haben die Wirtschaftspolitik
zu koordinieren, die EZB sichert die Stabilität der 
Gemeinschaftswährung. Diese Arbeitsteilung drückt die Unabhängigkeit 
der EZB aus. Und deren Autonomie ist die entscheidende Voraussetzung 
für einen festen Euro. Sie muss gewahrt bleiben.
Auch wenn Juncker vorerst die Waffen gestreckt hat, dürfte dies 
nicht der letzte Angriff auf die Frankfurter Bastion gewesen. In 
diesem Punkt muss die EZB unnachgiebig bleiben, egal, wie elegant der
Angreifer das Florett ficht.

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