Alle Storys
Folgen
Keine Story von Börsen-Zeitung mehr verpassen.

Börsen-Zeitung

Börsen-Zeitung: Was Brown nicht juckt, Kommentar von Norbert Hellmann zur Haltung des britischen Schatzkanzlers Gordon Brown hinsichtlich der Konsolidierungsaufforderung der EU

Frankfurt (ots)

Es gab mal eine Zeit, da war die britische
Labour-Regierung geradezu spitzbübisch darum bemüht, den EU-Partnern
zu zeigen, dass sie zwar alle wirtschaftspolitischen Auflagen für
einen Beitritt zur Währungsunion mustergültig erfüllt, an einem
solchen aber trotzdem nicht interessiert ist.
Inzwischen hat man das Thema Euro so weit hinter sich gelassen,
dass selbst solche Sticheleien ihren Reiz verloren haben. Dass die
Briten die Vorschriften des Europäischen Wachstums- und
Stabilitätspakts nicht erfüllen, weil ihre laufenden Budgetdefizite
zu hoch liegen, weist damit auch keine politische Brisanz mehr auf,
die geeignet wäre, Schatzkanzler Gordon Brown zu alarmieren.
Im Haushaltsjahr zum April 2005 lag Großbritannien mit einem
Defizit von 3,3% des Bruttoinlandsprodukts zum zweiten Mal in Folge
über der vom Stabilitätspakt geforderten 3%-Marke und hat sich damit
den offiziellen Rüffel der EU-Kommission eingeholt. Nun geht man
wieder zur Tagesordnung über.
Wie die Kommission richtig vermutet, werden die Briten die
Defizitregel auch in den kommenden Jahren brechen. Da es aber für
Nichtpartizipanten des europäischen Währungsraums keine finanziellen
Sanktionen gibt, lässt sich die Angelegenheit selbst von Kritikern
der Brownschen Finanzpolitik, von denen es auf der Insel genügend
gibt, kaum ausschlachten.
Nach außen hin lässt Brown nur eine Handlungsanweisung gelten,
nämlich die sogenannte Goldene Haushaltsregel, der zufolge im Rahmen
eines Wirtschaftszyklus laufende Ausgaben durch Steuereinnahmen zu
decken und eine Schuldenaufnahme nur zu investiven Zwecken erfolgen
darf.
Die britische Treasury ignorierte denn auch die am Mittwoch von
der EU eingebrachten Kritikpunkte völlig und betonte lediglich, dass
sie ihre zyklusgebundenen Fiskalregeln voll erfülle. Stimmen tut dies
zwar nur insofern, als die Treasury im vergangenen Jahr die
Definition dessen, was den Zyklus abgibt, so lange änderte, bis die
Rechnung wieder halbwegs aufging, ein schlechtes Gewissen legt sie
deshalb noch lange nicht an den Tag.
Dazu muss man wissen, dass es in Browns heiler britischer
Budgetwelt eine übergreifende Regel gibt, die da heißt, hausgemachte
Zielverfehlungen nie zuzugeben und von außen hereingetragene gar
nicht erst wahrzunehmen.
(Börsen-Zeitung, 12.1.2006)

Rückfragen bitte an:

Börsen-Zeitung
Redaktion
Telefon: 069--2732-0

Original-Content von: Börsen-Zeitung, übermittelt durch news aktuell

Weitere Storys: Börsen-Zeitung
Weitere Storys: Börsen-Zeitung