Börsen-Zeitung: Riu versilbert, Kommentar von Gottfried Mehner zum Abbau der Beteiligung an Tui
Frankfurt (ots)
Werte bewegen das steht als Motto auf dem Tui-Geschäftsbericht. Das hat offensichtlich auch die Familie Riu, seit Dezember 2004 mit 9,97% an Tui beteiligt, beherzigt und nach kurzer Haltefrist ein Teilpaket von 3,2% verkauft. Details überzeugen, steht als zweites Argument auf dem Tui-Zahlenwerk. Damit hapert es bei dieser Transaktion gewaltig. Warum hat Riu reduziert?
Avisiert war doch eine langfristige Partnerschaft mitsamt einer nicht ganz zeitgemäßen Überkreuzverflechtung. Tui-Chef Michael Frenzel hatte beim Riu-Einstieg, der von zwei Co-Investoren begleitet wurde, von einer Traumkonstellation nach dem sich hinziehenden Ausstieg der WestLB gesprochen.
Hat Riu nun ausgeträumt? Oder war das ein lehrbuchmäßiger Verkauf nach der Devise sell on good news (gab es die überhaupt?), oder weiß die Familie Riu als Tui-Großaktionär und absoluter Brancheninsider einfach mehr?
Riu ist im Dezember 2004 bei Konditionen von rund 17 Euro eingestiegen. Verkauft wurde angeblich am Mittwochabend nachbörslich zu 20,25 Euro, so dass größenordnungsmäßig 18,6 Mill. Euro aus der Paketreduzierung hängen geblieben sein dürften. Kein schlechter Return für eine Vier-Monats-Periode. Und vor allem ein sehr achtbarer Erfolg für eine offensichtlich gut beratene Privatfamilie, nachdem hochprofessionelle Hedgefonds wenige Monate zuvor, bei der fehlgeschlagenen Dax-Abstiegsspekulation, mächtig was aufs Ohr gekriegt hatten.
Die beruhigendste Erklärung wäre, dass Riu ihre finanzielle Exposition einfach etwas zurückführen will. Schließlich mussten über 300 Mill. Euro mobilisiert werden. Bedenklicher wäre es, wenn die Motive Rius in eingetrübten weiteren Perspektiven der Touristik lägen. Früher wurde das Geld in der Touristik mit Charterfliegern und den Ferienhotels verdient. Heute nur noch mit den Ferienhotels. Und genau diesen Teil der Wertschöpfungskette kontrolliert Riu. Die integrative Ergänzung durch Tui ist nicht wirklich nötig. Dass Tui aktiv Touristenströme auf die Balearen umlenken könnte, ist aberwitzig.
Tui, das ist mit den letzten großen Beteiligungsverkäufen absehbar, wird 2005 noch einmal ein gewaltiges Ergebnis erzielen, bevor dann die eigentliche Nagelprobe für das Touristik-Modell kommt. Darauf will wohl Riu nicht alles setzen.
(Börsen-Zeitung, 25.3.2005)
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