Börsen-Zeitung: Kommentar von Claus Döring zur Gehaltsverzichtsdebatte bei DaimlerChrysler: Die Gehälter bei Daimler
Frankfurt (ots)
Werden Vorstandsbezüge seit neuestem von Gewerkschaftern, Betriebsräten oder Politikern festgelegt? Man muss diesen Eindruck gewinnen, wenn man das Sommertheater um die Arbeitszeiten bei DaimlerChrysler und den geforderten Gehaltsverzicht der Konzernvorstände und leitenden Angestellten verfolgt. Es war vornehm formuliert äußerst unklug vom Daimler-Vorstand, sich überhaupt in diese Debatte ziehen zu lassen, einen Gehaltsverzicht als bedenkenswert zu bezeichnen und ihn damit indirekt als Verhandlungsmasse anzubieten. Denn damit wurde der Weg frei gemacht für ein Ablenkungsmanöver. Plötzlich stehen nicht mehr Politik- und Gewerkschaftsversagen oder gar die anachronistischen Sonderrechte der Arbeiter im Mercedes-Werk Sindelfingen im Mittelpunkt, sondern die Frage, ob die Managergehälter hierzulande im allgemeinen und bei Daimler im besonderen zu hoch sind. Natürlich kann und muss auch über dieses Thema diskutiert werden, es hat aber nichts mit den erforderlichen Einsparungen in Sindelfingen zu tun.
Was sollen eigentlich die DaimlerChrysler-Eigentümer und damit die Aktionäre von ihrem Vorstand halten, der ihnen in der Hauptversammlung und bei anderer Gelegenheit wortreich darlegt, wie angemessen die zweifelsohne üppigen Managergehälter bei DaimlerChrysler im internationalen Vergleich doch seien? Von einem Vorstand, der dann aber beim nächstbesten Muskelspiel des Betriebsrats weiche Knie kriegt und bereit ist, auf einen Teil der Bezüge zu verzichten?
Die aktuelle Debatte ist nicht mit Solidaraktionen bei anderen Unternehmen zu vergleichen, die tiefrote Zahlen schrieben und echte Einschnitte vornehmen mussten, wie einst Lufthansa. Im Gegensatz zu anderen schreibt DaimlerChrysler gute schwarze Zahlen, Mercedes zumal, verdient aber nicht seine Kapitalkosten. Dieses Rentabilitätsziel zu erreichen, gehört zum Pflichtenheft des Vorstandes. Dazu ist es notwendig, die Wettbewerbsfähigkeit der Mercedes-Produktion zu erhalten. Dafür wird der Vorstand bezahlt, übrigens von den Eigentümern. Dies ist aber auch im Sinne der Beschäftigten. Denn nur wettbewerbsfähige Arbeitsplätze sind sichere Arbeitsplätze.
Dem Vorstand sollte das Gehalt nicht gekürzt, sondern erhöht werden, wenn er überholte Regelungen zu Arbeitszeit und Entlohnung abschafft und diese Veränderung gegen das Besitzstandsdenken von Gewerkschaftsfunktionären und Betriebsräten durchsetzt. Schafft er es nicht, das Werk Sindelfingen auf Wettbewerbsfähigkeit zu trimmen, dann allerdings gehört dem Vorstand das Gehalt gekürzt von den Aktionären bzw. vom Aufsichtsrat und dann um mehr als 10%.
(Börsen-Zeitung, 20.7.2004)
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