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Börsen-Zeitung: Riskante Sieger, ein Marktkommentar von Stefan Schaaf

Frankfurt (ots)

Für international tätige Unternehmen war das erste Halbjahr im Hinblick auf Wechselkursrisiken eine ruhige Zeit. Eine geringe Volatilität bei wichtigen Währungspaaren sorgte dafür, dass die Risiken für die Cash-flows aus anderen Währungsräumen und die Kosten für die Absicherung niedrig waren - ein Effekt der Notenbankpolitik. Die Zentralbanken, insbesondere die Europäische Zentralbank (EZB), haben mit der Festlegung auf langfristig niedrige Zinsen jegliche Kursfantasie aus dem Devisenmarkt genommen.

Was die Treasurer freut, das lässt diejenigen verzweifeln, die mit dem Handel und der Spekulation am Devisenmarkt ihr Geld verdienen. Ist die Volatilität niedrig - sie erreichte nach Berechnungen der Commerzbank zuletzt Niveaus wie vor der Finanzkrise -, so ist auch wenig zu verdienen. Die Folge: Auch am Devisenmarkt ist eine Jagd nach Rendite ausgebrochen, wie sie am Anleihemarkt die Investoren in immer exotischere und risikoreichere Bondsegmente investieren lässt.

Am Devisenmarkt heißt Renditejagd Carry Trade. Hierbei leihen sich Investoren Geld in einer niedrig verzinsten Währung wie dem Yen oder inzwischen auch dem Euro und legen dieses in höher verzinsten Währungen an. Der Renditechance durch höhere Zinsen steht allerdings ein hohes Wechselkursrisiko entgegen, das im schlimmsten Fall sogar zu Verlusten führen kann - nämlich dann, wenn der Wechselkurs prozentual stärker reagiert, als die Fremdwährungsanlage rentiert.

Im ersten Halbjahr ging die Strategie aber für Carry-Trade-Investoren auf. Dies zeigt sich daran, welche Währungen in den ersten sechs Monaten des laufenden Jahres die höchsten Erträge abwarfen. Es sind mit "Aussie" und "Kiwi" die Währungen Australiens und Neuseelands, beides klassische Anlagewährungen für Carry Trades. Sowohl gegenüber Euro als auch Pfund und Dollar waren Aussie und Kiwi im ersten Halbjahr im Universum der Hauptwährungen (G 10) Gewinner. Laut Bloomberg-Daten betrug der Kassa-Ertrag mit dem neuseeländischen Dollar bis einschließlich Freitag gegenüber dem Euro 8,6%, beim australischen Dollar 7,3%. Das kann sich neben Hochzinsanleihen und Dividendenaktien, den aktuellen Renditelieblingen vieler Investoren, sehen lassen. Gegenüber dem Dollar ist das Bild ähnlich, nur die Erträge sind mit 6,7% beim Kiwi und 5,7% beim Aussie etwas geringer.

Bei einem breiteren Blick auf das globale Währungsuniversum zeigen sich für das erste Halbjahr zwei weitere Gewinner, wenn man die Exoten Somalia-Schilling und Malawi-Kwacha außer Acht lässt: Edelmetalle und der brasilianische Real, Letzterer auch ein Gewinner der Carry Trades. Gold, das von vielen Investoren als Währung insbesondere gegen Dollar gehandelt wird, brachte zum Euro einen Ertrag von 10,6% und hat damit eine kräftige Aufholjagd hingelegt nach dem Preissturz im Vorjahr.

Doch im zweiten Halbjahr könnten die drei Gewinner australischer Dollar, Gold und Real auf der Verliererseite stehen. Der Aussie ist auch deshalb so stark, weil er vielen Anleger als Ersatz für direkte Investitionen in China dient. Hintergrund dafür ist, dass der fünfte Kontinent über Rohstoffausfuhren stark vom Aufstieg der Volksrepublik profitiert. Doch inzwischen wird es einfacher, direkt in chinesische Assets zu investieren, man denke nur an das im Herbst kommende Renminbi-Clearing in Frankfurt. Zudem trüben sich die Wachstumsperspektiven in China ein, was auch auf die australische Volkswirtschaft durchschlagen wird.

Der Goldpreis hingegen hängt am Kurs des US-Dollar und damit an der Federal Reserve. Auch hier droht Abwärtspotenzial, denn es mehren sich die Zeichen für eine Straffung der US-Geldpolitik. Höhere US-Zinsen dürften den Dollar stärken. Dem Real schließlich wird politischer Gegenwind entgegenblasen mit dem Ende der Fußball-WM. Im Herbst steht die Präsidentenwahl an, die Unsicherheit dürfte im Vorfeld steigen, zumal die makroökonomischen Daten des Landes problematisch sind.

Somit können aus Gewinnern im zweiten Halbjahr Verlierer werden. Der Umkehrschluss gilt nicht zwangsläufig. Denn der Verlierer der ersten sechs Monate, die schwedische Krone, wird wohl weiter unter Druck stehen. Die Reichsbank bekommt die deflatorischen Tendenzen schon seit geraumer Zeit nicht in den Griff. Die Zeichen in Stockholm stehen daher auf Lockerung, zumal die Notenbank noch einen Zinssenkungspfeil im Köcher hat.

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