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Börsen-Zeitung: Es wird kräftig spekuliert, Marktkommentar von Grit Beecken

Frankfurt (ots)

Die Teuerung in der Eurozone ist überraschend stark zurückgegangen. Dem europäischen Statistikamt Eurostat zufolge sank die Inflationsrate im Januar von 0,8% im Dezember auf 0,7%. Am Markt hatten die meisten mit 0,9% gerechnet. Anscheinend behalten nun aber diejenigen Recht, die vor einer Deflation im Währungsraum gewarnt haben.

Da schon die vorangegangenen Zahlenwerke der Europäischen Zentralbank (EZB) Kopfzerbrechen bereiteten und sogar eine Zinssenkung auslösen konnten, wird nun kräftig darüber spekuliert, wie die Währungshüter am kommenden Donnerstag auf die niedrige Teuerung reagieren werden. Zunächst dürften sie im März die Inflationsprognosen nach unten revidieren, so lautet der Konsens der Marktbeobachter. Die Deutsche Bank hingegen erwartet schon im neuen Monat eine Zinserhöhung. Dagegen spricht, dass die konjunkturellen Stimmungsindikatoren zuletzt unerwartet stark ausgefallen sind. EZB-Chef Mario Draghi hat seine Handlungsbereitschaft in den vergangenen Wochen mehr als einmal betont und deutlich gemacht, dass sein Werkzeugkoffer prall gefüllt ist. Neben einer weiteren Zinssenkung ist der Ankauf von verschiedenen Rentenpapieren denkbar, oder auch weitere Langzeittender für Europas Banken. Mittelfristig, so lautet der Konsens am Markt, wird Draghi liefern - und damit den Euro schwächen.

Wenn nämlich die Geldpolitik in den USA durch die stetige Reduktion der monatlichen Anleihenkäufe durch die amerikanische Notenbank Federal Reserve (Fed) straffer wird, steigert das den Wert des Greenbacks. Wird die Gangart in Europa gleichzeitig weiter gelockert, hat die Gemeinschaftswährung naturgemäß das Nachsehen.

Stützender Ausverkauf

Zum Wochenausklang hin war davon allerdings zunächst nicht viel zu sehen. Denn der anhaltende Ausverkauf in den Schwellenländern schwemmt derzeit große Summen in die Finanzmärkte auf dem Alten Kontinent. Am Freitag schwankte der Kurs der Gemeinschaftswährung ungewöhnlich stark. Europäische Staatsanleihen legten unterdessen eine Rally hin.

Bundespapiere verbuchten deutliche Zugewinne, die Rendite im 30-Jahres-Bereich fiel auf den niedrigsten Wert seit August. Zehnjährige Bundesanleihen rentierten bei 1,65%, das waren ganze sechs Basispunkte niedriger als am Vortag. Und am Terminmarkt zog der Bund-Future um 65 Basispunkte auf 143,42% an. In Spanien und Italien fielen die Renditen angesichts der starken Nachfrage auf lange nicht gesehene Tiefstände.

Dabei dürfte es auf Sicht auch bleiben. Denn die Turbulenzen in den Schwellenländern werden nicht so schnell enden, und die Inflationserwartungen in der Eurozone bleiben niedrig. Zwar deuten viele Frühindikatoren auf wirtschaftliche Erholung hin, und der Rückgang der Teuerungsrate ist in erster Linie auf gesunkene Energiepreise zurückzuführen. Damit hat sich nach Ansicht der Postbank das Risiko deflationärer Tendenzen nicht weiter erhöht. Der Rückgang der Energiepreise sei vielmehr eine gute Nachricht, da er die Kaufkraft stärken wird und damit den privaten Verbrauch steigern könnte. Andererseits spricht eine Arbeitslosenquote von 12% nicht grade für stark anziehende Löhne.

All das deutet an, dass die Eurozone gegenüber den USA schon bald im Zinsnachteil steht. Zwar hat die EZB den Leitzins bislang nicht in dem Ausmaß gesenkt, in dem die Inflationsrate zurückging, und daher für leicht steigende Realzinsen gesorgt. Da die amerikanischen Währungshüter nun aber Ernst machen mit der Straffung der Geldpolitik, wird der US-Markt für all jene interessant, denen die Aktienbewertungen bereits Schauder über den Rücken laufen lassen. Die hohe Nachfrage nach einer - zunächst - mager, aber variabel verzinsten US-Staatsanleihe zeigte in der abgelaufenen Woche deutlich, wie viele Anleger schon mittelfristig mit einer deutlichen Zinswende rechnen. Das Anleihenkaufprogramm könnte bereits im Herbst auslaufen. Zwar sollen die Zinsen auch danach niedrig bleiben, doch immer mehr Marktteilnehmer bereiten sich auf den gegenteiligen Fall vor.

Doch auch wenn auf längere Sicht klar zu sein scheint, wo die Reise an den Kapitalmärkten hingeht, dürfte die Nervosität der Investoren anhalten. Sie wollen antizipieren, was EZB und Fed planen. Hinzu kommen die Notenbanken der Schwellenländer, die in der abgelaufenen Woche gezeigt haben, dass auch sie für Überraschungen gut sind. So könnte die türkische Notenbank im Nachgang zu den massiven Zinserhöhungen schon bald nachlegen, um den Markt zu beruhigen.

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