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Börsen-Zeitung: Sturm auf die Festung Brown, Kommentar von Norbert Hellmann zum wachsenden Druck auf den britischen Premierminister Gordon Brown

Frankfurt (ots)

Britische Premierminister stehen in der
Tradition, nicht von der Opposition, sondern der eigenen Partei 
fertig gemacht zu werden. Gordon Brown befindet sich seit Wochen in 
einem Belagerungszustand, weil der Umgang mit der Spesenaffäre im 
Parlament schon lange bestehende Zweifel an seinen Führungsqualitäten
und Popularitätswerten wieder hochkochen ließ.
Nach dem verheerenden Abschneiden bei den jüngsten Kommunal- und 
Europaparlamentswahlen wird in der Labourpartei neues Datenmaterial 
gegen ihn verwendet. Niedrige Wahlbeteiligung hin oder her, mit unter
20% fährt Labour das schlechteste Wahlergebnis seit hundert Jahren 
ein. Brown sieht sich mit hässlichen Analogien konfrontiert, die ihn 
zum eigensinnigen Realitätsverweigerer im Führungsbunker stempeln. 
Seine Gegner fordern ihn zur persönlichen Kapitulation auf, um einem 
populäreren Frontmann wie Gesundheitsminister Alan Johnson Platz zu 
machen.
Dahinter steht das gefährliche bis naive Kalkül, dass es allein 
die Persona Brown und nicht die Gesamtperformance Labours nach 
zwölfjähriger Regierungsmacht ist, die den Wähler vergrault. 
Besonnenere Stimmen in der Labourpartei warnen denn auch vor einem 
Fenstersturz. Dahinter steht nämlich die Ratio, mit einem frischen 
Frontmann Wahlen auszurufen und die Oppositionspartei der Tories zu 
überrumpeln. So könnte man wenigstens auf eine respektable statt 
katastrophale Wahlniederlage kommen. Bleibt Brown hingegen, kann 
Labour die Flexibilität der britischen Legislaturperiode noch bis 
Juni nächsten Jahres aussitzen, um sich dann mit Brown oder einem 
neuen Kandidaten Wahlen zu stellen. Bis dahin ist der Spesenskandal 
vergessen und zumindest die Chance auf eine Konjunkturerholung 
gegeben, die einer Regierungspartei Rückenwind geben würde.
Bei den EU-Nachbarn wird man sich in jedem Fall wünschen, dass die
Briten erst im nächsten Jahr wählen. Kommen die dezidiert 
integrationsfeindlichen Tories nämlich bereits diesen Sommer an die 
Macht, werden sie alles daransetzen, den mit Mühe und neuem irischen 
Referendum noch am Leben erhaltenen Lissabon-Vertrag endgültig zu 
"killen". Vom Ausgang des Sturms auf die Festung Brown hängt mehr als
nur Labours politische Zukunft ab. Es geht auch darum, ob 
Großbritannien noch eine Zukunft in EU-Europa hat.
(Börsen-Zeitung, 9.6.2009)

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