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Börsen-Zeitung: Karlsruher Fristversäumnis, Kommentar von Stephan Lorz, zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Klage zum Bundeshaushalt 2004

Frankfurt (ots)

Es gehört schon eine gehörige Portion
Kaltschnäuzigkeit dazu, wenn das Bundesfinanzministerium die 
Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Haushaltsklage im 
Namen der Bundesregierung "begrüßt". Schließlich hatte mit der 
CDU/CSU-Fraktion immerhin die Hälfte dieser Regierung das Verfahren 
angestrengt, weil sie davon überzeugt war, dass der Bundeshaushalt 
2004 nicht verfassungsgemäß zustande gekommen war. Die Richter haben 
die Klage nun aber zurückgewiesen, weil die beanstandeten 
Handlungsweisen den Anforderungen der Verfassung durchaus entsprochen
hätten.
Die Entscheidung ist mit fünf zu drei Stimmen denkbar knapp 
ausgefallen. Man kann sich vorstellen, dass die acht Richter heftig 
miteinander gerungen hatten. Die Mehrheitsfraktion hat sich mehr oder
weniger einer eigenen Meinung enthalten und entschied, die 
Verantwortung für eine etwaige Neugestaltung der Schuldenregeln beim 
Gesetzgeber zu belassen. Außerdem meinen die Richter nachvollziehen 
zu können, warum Bundesfinanzminister Hans Eichel seinen Haushalt 
damals so knapp "auf Kante genäht" (Eichel) hat. Dabei hatte bereits 
damals jeder einigermaßen des Rechnens Mächtige absehen können, dass 
der Etat aus dem Ruder läuft. Die Karlsruher Minderheitsfraktion will
die im Grundgesetz eingezogenen Schuldengrenzen stattdessen sehr eng 
gefasst wissen und fordert dezidierteVorgaben, um zuverhindern, dass 
die zunehmende Verschuldung die verfassungsrechtliche Ordnung 
"allmählich verformt".
In der Tat ist nicht einzusehen, warum die Verfassungsrichter bei 
allen Spezialentscheidungen wie der Vermögensteuer und der 
Erbschaftsteuer immer feste Leitplanken für die geforderten 
Neuregelungen formulieren, bei einer so grundlegenden Entscheidung 
wie der Staatsverschuldung aber klein beigeben und der Politik freie 
Hand lassen. Dabei waren es die Bundesregierungen von Brandt über 
Schmidt und Kohl bis Schröder, die sich um die Verschuldung dieses 
Staates und um die damit einhergehenden Einschnitte für künftige 
Generationen keinen Deut geschert hatten. Der dezente Hinweis der 
Richter, dass hier mal etwas getan werden müsse, weil an der 
Revisionsbedürftigkeit der geltenden Regelungen kaum noch zu zweifeln
sei, ist armselig. Nicht einmal zu einer Frist für eine Neuregelung 
haben sie sich durchringen können.
(Börsen-Zeitung, 10.7.2007)

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