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Erntedank im Autotank? Wie geht's weiter mit der Bioenergie?

Bonn (ots)

Hochaktuelles Thema: Chancen und Risiken der Bioenergie im Blick /
   Spannende Debatte: Hochkarätige Experten diskutierten kontrovers
   und sachkundig / Rundes Jubiläum: 10. Berliner Gespräch in Berlin
"Bioenergie in Europa - Boom auf Kosten der Nahrungssicherheit in 
der Dritten Welt?" Dieses Thema diskutierten namhafte Experten unter 
der Moderation von Dieter Nürnberger (DLF) mit über 160 Teilnehmern 
beim 10. Berliner Gespräch der Fördergemeinschaft Nachhaltige 
Landwirtschaft (FNL) am 15. Oktober in der Bayerischen 
Landesvertretung in Berlin. Im Mittelpunkt der Diskussion standen 
insbesondere die Chancen und Risiken der zunehmenden Nutzung von 
Bioenergie sowohl im Bezug auf Industrie- als auch 
Entwicklungsländer. Nach Auffassung der FNL, die zu dem Thema ein 
eigenes Positionspapier vorgelegt hat, kommt es zunächst darauf an, 
auf politischer Ebene eine umfassende Strategie für die nachhaltige 
Energieversorgung der Zukunft zu entwickeln. Die Bereitstellung von 
Biomasse zur energetischen Nutzung ist dabei zweifellos ein wichtiges
Element einer nachhaltigen Entwicklung der Landwirtschaft.
In seinem Grußwort betonte Gerd Sonnleitner, Präsident des 
Deutschen Bauernverbandes und Vorsitzender der FNL, dass der 
Komplexität dieses globalen Themas in einer besonnenen und sachlichen
Diskussion Rechnung getragen werden müsse. Sonnleitner betonte die 
Notwendigkeit internationaler Forschungsarbeit. "Wir dürfen als 
großer Industriestandort nicht vergessen, dass Deutschland auch auf 
dem Gebiet der Bioenergie eine Technologieführerschaft innehat. Wir 
müssen aktiv dafür Sorge tragen, dass international verbindliche und 
angemessene Standards für die Produktion von Bioenergie verankert 
werden", so Sonnleitner.
Gotthard Dobmeier, zuständig für Umweltfragen bei der Deutschen 
Bischofskonferenz, hob hervor, dass bei der Nutzung von Bioenergie 
ein "verantwortlicher und haushalterischer Umgang" mit den Ressourcen
erforderlich ist. "Da geeignete Flächen in Europa nur begrenzt 
verfügbar sind, wird sich die Konkurrenzsituation zwischen der 
Produktion von Energiepflanzen und dem Anbau von Nahrungsmitteln 
weiter zuspitzen", betonte Dobmeier. "Die Leidtragenden dieser 
Entwicklung werden die Schwellenländer und Länder der Dritten Welt 
sein", so Dobmeier. Daher müsse der Einsatz von Bioenergie immer 
weltweit im Zusammenhang mit einer nachhaltigen Land- und 
Energiewirtschaft gesehen werden. Als "ethisch fragwürdig" 
bezeichnete er dabei insbesondere den Import von Futtermitteln aus 
Entwicklungsländern durch Industriestaaten, wenn diese auf eigenen 
Flächen zunehmend Energiepflanzen anbauten. Dies verschärfe die 
Verteilungsgerechtigkeiten zwischen Arm und Reich. Dobmeier forderte 
weltweit international anerkannte Sozial- und Umweltstandards für die
Bioenergiegewinnung. Die Nutzung von Bioenergie sei nur dann 
zukunftsfähig, so der Experte, wenn sie mit einer Steigerung der 
Energieeffizienz und einer Senkung des Energieverbrauchs einhergehe.
Als "nahezu absurd" bezeichnete hingegen Helmut Lamp, Vorsitzender
des Bundesverbandes BioEnergie (BBE), die Diskussion über die 
Nutzungskonkurrenz von Nahrungsmittelproduktion und 
Energiepflanzenanbau. Seiner Ansicht nach gibt es weltweit noch 
erhebliches Potenzial an Agrarflächen, das für den 
Energiepflanzenanbau erschlossen werden kann. Allein in Indien 
stünden zum Beispiel rund 30 Millionen Hektar für den Anbau von 
Energiepflanzen zur Verfügung, die derzeit noch brachlägen. Außerdem 
sei, so Lamp, die Ergänzung des Anbauspektrums in Europa durch 
Energiepflanzen "eine Riesenchance" für die Kulturlandschaft. Zudem 
seien mit der Bioenergie weitere Vorteile verbunden, wie zum Beispiel
die Schaffung von Arbeitplätzen, ein hohes Innovationspotenzial, die 
Erschließung von Exportchancen und schließlich die Wertschöpfung in 
der Region. Im Zentrum stehe allerdings die Bewältigung der 
Zukunftsherausforderungen Ressourcenschonung und insbesondere 
Klimaschutz.
Gerd Sonnleitner pflichtete dieser Einschätzung bei und betonte, 
dass die Erzeugung von Bioenergie weltweit einer 
Nachhaltigkeitsbewertung bedürfe. "In diese muss die Internationale 
Gerechtigkeit ebenso einfließen wie das CO2-Minderungspotenzial bzw. 
der jeweils pro Hektar erzielbare Nettoenergiegewinn. Die 
Grundversorgung, die Erhaltung sozialer Strukturen, der Schutz der 
Landschaft und der Natur müssen dabei ebenso berücksichtigt werden 
wie die Existenzsicherung der Landwirte", so Sonnleitner.
"Der Agrar-Boom nützt den Entwicklungsländern und den 850 
Millionen Hungernden der Welt derzeit kaum - eher im Gegenteil." Ralf
Südhoff, Pressesprecher des UN World Food Programme (WFP), 
prognostizierte in der Diskussion einen eher steigenden Druck auf die
Entwicklungsländer - durch eine Reihe von Trends. "Zum einen werden 
laut UN-Klimabericht die Erträge der Landwirtschaft in Afrika durch 
den Klimawandel bis 2020 um bis zu 50 Prozent sinken", sagte Südhoff.
Zum anderen führe die "globale Biosprit-Expansion" zu einer immer 
engeren strukturellen Verbindung von Nahrungs- und Energiepreisen. 
Hohe Energiepreise dürften zudem die Konkurrenz um Agrarflächen, 
Wasser und erzeugte Produkte weiter verschärfen. "Durch diese 
Situation sind die Preise vieler Güter auf den Weltmärkten 
explosionsartig gestiegen. Insbesondere Grundnahrungsmittel wie 
Weizen, Reis und Mais sind in der jüngsten Vergangenheit um mehr als 
50 Prozent teurer geworden", so Südhoff, der eine "Entschleunigung" 
dieser Entwicklung anmahnte. Diese Preissteigerung stelle die Staaten
selbst vor ganz neue Probleme, denn gerade die ärmsten 
Entwicklungsländer seien zumeist große Importeure dieser 
Nahrungsmittel, so Südhoff.
Die Berliner Gespräche der FNL richten sich an Vertreter von 
Politik und Verwaltung, an die Agrarwirtschaft, an Verbände, 
Organisationen und gesellschaftliche Gruppen. Sie sind ein Forum für 
den Austausch zu gesellschaftlich bedeutsamen Themen. Ziel ist, auf 
Problembereiche aufmerksam zu machen, gleichzeitig aber auch im Sinne
einer nachhaltigen Entwicklung nach sinnvollen und konsensfähigen 
Lösungen zu suchen.

Pressekontakt:

Jutta Winkels
j.winkels@fnl.de
Tel.: 0228 - 97993-34

Original-Content von: Forum Moderne Landwirtschaft e.V., übermittelt durch news aktuell

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