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Der Tagesspiegel: Verfassungsschutz warnt Urlauber vor Anschlägen in Türkei Sicherheitsexperten befürchten, dass die PKK im Umfeld der anstehenden Wahlen zuschlägt

Berlin (ots)

Berlin - Verfassungsschützer warnen Touristen vor
einer erhöhten Anschlagsgefahr in der Türkei. Johannes Schmalzl, 
Präsident des Landesamtes für Verfassungsschutz in Baden-Württemberg,
sagte dem Tagesspiegel, die Gefahr für deutsche Urlauber in der 
Türkei, Opfer von Anschlägen kurdischer Separatisten zu werden, sei 
in diesem Jahr hoch. Es müsse befürchtet werden, dass militante 
Kurden der PKK die anstehenden Wahlen nutzen, um mit Attentaten mehr 
Aufmerksamkeit für ihren Kampf zu erreichen. Die Verfassungsschützer 
in Baden-Württemberg gelten als besonders kompetent bei der 
Beobachtung und Bewertung von Ausländerextremismus. Im Mai bestimmt 
die türkische Nationalversammlung einen neuen Staatspräsidenten, im 
November steht das Parlament selbst zur Wahl.
Im vergangenen Jahr reisten 3,78 Millionen Deutsche in das Land am
Bosporus, das zu den drei beliebtesten Auslandsreisezielen der 
Deutschen gehört, die damit unter den Türkei-Besuchern das größte 
Kontingent stellen. Das Auswärtige Amt weist in seinen Reise- und 
Sicherheitshinweisen darauf hin, dass es im Osten und Südosten der 
Türkei "weiterhin zu bewaffneten Auseinandersetzungen" zwischen der 
terroristischen PKK und türkischen Sicherheitskräften kommt. 
Angesichts der Anschläge der jüngsten Vergangenheit rät das 
Auswärtige Amt Reisenden in der Türkei "zu erhöhter Vorsicht".
Im Sommer 2006 hatten mehrere Anschläge Badeorte an der 
Mittelmeerküste und Istanbul getroffen. Drei Menschen starben. 
Dutzende wurden verletzt, auch Deutsche. Zu den Anschlägen hatten 
sich die "Freiheitsfalken Kurdistans" bekannt. Sicherheitsexperten 
ordnen sie "zumindest ideologisch" dem Umfeld der kurdischen 
Arbeiterpartei PKK zu.
Sorgen bereitet die PKK den Sicherheitsbehörden auch durch 
Aktivitäten in Deutschland. "Es gab im Februar auffällig viele 
gewaltsame Aktionen",
sagte Schmalzl. Vorläufiger Höhepunkt waren Brandanschläge am 18. und
19. Februar auf vier Pkw in Berlin. Auch wenn die Täter nicht gefasst
sind, glauben Berliner Sicherheitsexperten, die Täter seien junge 
Kurden aus dem Umfeld der PKK.
Dass der Ende 1999 von der PKK beschlossene, generelle 
"Friedenskurs" jetzt für Deutschland beendet ist, glauben Schmalzl 
und weitere Sicherheitsexperten allerdings nicht. "Aber sie lassen 
jungen Heißspornen eine lange Leine", sagt Schmalzl. Im Februar war 
sie offenbar noch länger als sonst. In Freiburg blockierten junge 
Kurden eine Autobahnauffahrt und entzündeten Benzin, in Dortmund 
warfen mutmaßliche PKK-Sympathisanten Brandsätze gegen die Filiale 
einer türkischen Bank und ein türkisches Reisebüro. In Hamburg 
brannte ein Fahrzeug, in Hagen wurde ein Brandsatz in Richtung eines 
türkischen Reisebüros geschleudert, richtete aber keinen Schaden an. 
Dann folgten die Anschläge in Berlin. Zeugen berichteten, Jugendliche
hätten am 18. Februar PKK-Parolen gerufen und den Namen des in der 
Türkei inhaftierten Chefs der Organisation, Abdullah Öcalan. Außerdem
veranstalteten Kurden im Februar in Heilbronn einen zweitägigen 
Hungerstreik, um gegen "Repression" zu protestieren. Die PKK mit 
aktuell 11 000 Mitgliedern unterliegt in Deutschland seit 1993 einem 
Betätigungsverbot.
Schmalzl sieht die Gewaltserie auch als Zeichen der internen 
Unsicherheit der PKK, die junge Mitglieder durch spektakuläre 
Aktionen kompensieren wollten. Der in Deutschland noch geltende 
"Friedenskurs" lasse PKK-Anhänger am Sinn von Spenden für den 
bewaffneten Kampf zweifeln - auch wenn in der Türkei längst wieder 
gebombt wird. Dass sich die Szenen der 90er Jahre wiederholen, als 
PKK'ler sich auf Straßen selbst anzündeten, sieht Schmalzl jedoch 
"derzeit nicht", sagt aber: "Wir müssen auf alles gefasst sein."
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an:
Lutz Haverkamp, Der Tagesspiegel
Redaktion Politik, Telefon: 030-260 09-218

Pressekontakt:

Der Tagesspiegel
Chef vom Dienst
Thomas Wurster
Telefon: 030-260 09-308
Fax: 030-260 09-622
cvd@tagesspiegel.de


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