Alle Storys
Folgen
Keine Story von Schwäbische Zeitung mehr verpassen.

Schwäbische Zeitung

Schwäbische Zeitung: Was damals Recht war - Leitartikel

Ravensburg (ots)

Es gibt da diesen fürchterlichen Satz eines früheren baden-württembergischen Ministerpräsidenten: "Was damals Recht war, kann heute nicht Unrecht sein." Hans Filbinger, der während der Nazi-Diktatur als Staatsanwalt und Richter an Todesurteilen beteiligt war, hat ihn zu seiner Verteidigung gesagt. Gewirkt hat er anders. Denn Filbinger hat mit dem Satz Zuflucht gesucht im sogenannten Rechtspositivismus - sklavisch, gnadenlos, stur. Gemeint ist: Das kodifizierte Recht hat auch dann zu gelten, wenn es im Extremfall in eine himmelschreiende Ungerechtigkeit mündet.

Was das mit den in München sichergestellten Kunstwerken von schier unschätzbarem Wert zu tun hat? Ziemlich viel. Der Vater des Mannes, der diesen Schatz nicht gesammelt, sondern gehortet hat, war einer der wichtigsten Kunsthändler von Hitlers Gnaden. Nur so - diese These sei gewagt - konnte er all die Werke in seinen Besitz bringen. Er war offensichtlich nicht Sammler, er war Raffer. Der entscheidende Punkt aber ist: Möglicherweise hat er viele dieser Arbeiten rechtmäßig erworben. Die Enteignungen, die Plünderungen von Museen - alles war ja rechtlich abgedeckt. Wenn es stimmt, dass heute nicht Unrecht sein kann, was damals Recht war, dann ist ein Szenario vorstellbar, das frösteln lässt.

Seit eineinhalb Jahren prüft und ermittelt die Augsburger Staatsanwaltschaft - unter größter Geheimhaltung. Warum eigentlich? Dass die Kunstschätze an einem sicheren Ort verwahrt sind, ist eine Selbstverständlichkeit. Aber wie sollen die potentiellen Erben der Werke Ansprüche geltend machen können, wenn sie nicht einmal erfahren, was da sichergestellt worden ist? Die Feststellung, es handle sich um eine überaus komplizierte Rechtslage, ist tendenziell beunruhigend. Da droht die Gefahr eines fachjuristischen Kleinkriegs - der eine Lösung nach den Maßstäben der Gerechtigkeit eher behindert als fördert. Es sollte der schlichte Grundsatz gelten: Was damals zusammengerafft und -geraubt wurde, muss möglichst schnell zurückgegeben werden.

Pressekontakt:

Schwäbische Zeitung
Redaktion
Telefon: 0751/2955 1500
redaktion@schwaebische-zeitung.de

Original-Content von: Schwäbische Zeitung, übermittelt durch news aktuell

Weitere Storys: Schwäbische Zeitung
Weitere Storys: Schwäbische Zeitung
  • 05.11.2013 – 21:10

    Schwäbische Zeitung: Bürgerbeteiligung ist eine Frage des guten Willens - Kommentar

    Ravensburg (ots) - Die Absicht ist löblich. Die Bürgerschaft soll sich früher bei großen Infrastrukturprojekten zu Wort melden können. Im Idealfall schaukelt sich dann ein Konflikt nicht so hoch wie bei Stuttgart 21 oder dem mittlerweile ähnlich emotional geführten Streit um einen Nationalpark im Schwarzwald. Doch der Weg hin zum idealen Miteinander von Planern, ...

  • 04.11.2013 – 21:10

    Schwäbische Zeitung: Weniger Plastik ist besser als mehr - Kommentar

    Ravensburg (ots) - Die EU-Kommission hat sich in der Vergangenheit mit mehr oder minder unsinnigen Verboten und Geboten viel Spott eingehandelt. Man erinnere sich an die Staubsaugerverordnung oder die Verordnungen zum Krümmungsgrad von Bananen und Gurken. Nun also die Plastiktüten. Neu ist diesmal allerdings, dass Brüssel eines der eigenen Verbote kippt. Zwar ist es ...

  • 04.11.2013 – 21:10

    Schwäbische Zeitung: Gut und richtig - Leitartikel

    Ravensburg (ots) - Uli Hoeneß, einst die selbsternannte "Abteilung Attacke" des FC Bayern München, muss auf der Anklagebank Platz nehmen. Dem Präsidenten des Rekordmeisters wird wegen Steuerhinterziehung der Prozess gemacht. Hoeneß, der darauf gehofft hatte, straffrei auszugehen, sind bei seiner Selbstanzeige Fehler unterlaufen. Dass es nun zur Verhandlung kommt, ist ein klares Signal in zweierlei Hinsicht: Zum einen ...