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Soziale Vermieter: Hamburg darf beim Wohnungsbau die Klimaschutzanforderungen nicht weiter verschärfen

VNW-Direktor Andreas Breitner:

  1. Hansestadt muss die "Pause-Taste" drücken, sonst droht eine Überforderung der Mieterinnen und Mieter.
  2. Bezahlbare Mieten sind flächendeckend in Gefahr. Schon jetzt werden kaum mehr Wohnungen gebaut.
  3. Effizienshausstandard 55 reicht aus.
  4. Soziale Gerechtigkeit, wirtschaftliches Gedeihen der Stadt und Energiewende bedingen einander.

114/2023

Die Hamburgische Bürgerschaft wird an diesem Mittwoch über die vom rot-grünen Senat vorgelegte Novelle des Klimaschutzgesetzes und die zweite Fortschreibung des Klimaplans entscheiden. Darin ist beschrieben, wie Hamburg den CO2-Ausstoß bis 2030 um 70 Prozent gegenüber dem Basisjahr 1990 senken und bis 2045 CO2-neutral werden will. Die Klimaziele sollen weiter verschärft werden.

Dazu erklärt Andreas Breitner, Direktor des Verbands norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW):

„Angesichts der massiven Steigerungen bei den Baukosten, hoher Zinsen und der ungeklärten Haushaltslage des Bundes wäre es sinnvoll, wenn in Hamburg - zumindest beim Wohnungsbau - die ‚Pause‘-Taste gedrückt würde.

Die am Gemeinwohl orientierten Vermieter, die mehr als 300.000 Wohnungen in Hamburg zu bezahlbaren Mieten anbieten, können derzeit keine weiteren Kostensteigerungen stemmen. Sie müssten die Mieten drastisch erhöhen, was in Zeiten von Inflation und gestiegenen Heizkosten kaum durchsetzbar wäre, ohne Zehntausende Menschen in Hamburg finanziell zu überfordern.

Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher hat im vergangenen Bürgerschaftswahlkampf immer wieder betont, bei seiner Politik die ‚ganze Stadt im Blick‘ zu haben. In diese Wochen erleben wir die Probe aufs Exempel. Die Menschen werden ihn an seinen Worten messen können.

Hamburgs politisch Verantwortliche hat in den vergangenen Jahrzehnten immer ausgezeichnet, dass sie beides erfolgreich verbinden konnten: soziale Gerechtigkeit und wirtschaftliche Prosperität der Stadt.

Klimaschutz, soziale Ausgewogenheit und wirtschaftliches Gedeihen gehören zusammen

Ja, die Lage ist schwieriger geworden, weil die Herausforderungen der Energiewende hinzugekommen sind. Die Herausforderung aber bleibt die gleiche: soziale Gerechtigkeit, wirtschaftliche Prosperität und Energiewende bedingen einander.

Das Eine ist ohne die beiden Elemente nicht umsetzbar. Konkret heißt das: Das Klimaschutzgesetz wird am Ende nur erfolgreich umgesetzt werden können, wenn es die Menschen finanziell nicht überfordert und dem wirtschaftlichen Gedeihen der Stadt nicht schadet.

Für den Bereich der Wohnungswirtschaft heißt das: Die Wohnungsunternehmen dürfen durch hohe Anforderungen beim Klimaschutz nicht daran gehindert werden, Wohnungen zu bezahlbaren Mieten anzubieten. Zugleich müssen Wohnungsunternehmen trotz Investitionen in die Energiewende in der Lage sein, neue Wohnungen zu bauen.

Das klappt derzeit kaum, wie der dramatische Rückgang der Baugenehmigungszahlen und Baubeginn belegen. Die Leidtragenden sind vor allem jene Menschen, die eine bezahlbare Wohnung suchen.

Effizienshausstandard 55 reicht aus

Es wäre daher sinnvoll, wenn die Abgeordneten der Hamburgischen Bürgerschaft die Novellierung des Klimaschutzgesetzes den veränderten, aktuellen Bedingungen anpassten. Eine Solar- und Gründachpflicht sowie überzogene Anforderungen aus dem Gebäudeenergiegesetz überfordern die sozialen Vermieter. Auch sie können den Euro nur einmal ausgeben und ich fürchte, sie werden vor allem in ihre Bestände investieren.

Es würde – auch bundesweit – Signalwirkung entfalten, wenn die Hamburgische Bürgerschaft beschließt, dass – gern befristet auf zunächst fünf Jahre - beim Wohnungsneubau maximal der Effizienzhausstandard 55 gefordert wird, um eine staatliche Förderung zu erhalten. Das würde dem Klimaschutz dienen und Bauherren nicht überfordern.

Zudem stören wir uns daran, dass der Staat zum Teil bis ins kleinste Detail Vorgaben macht, damit erheblichen bürokratischen Aufwand verursacht und technologischen Fortschritt verhindert. So sind in Hamburg - anders als in anderen Bundesländern - Stromdirektheizungen verboten, obwohl diese - wenn sie mit Strom von Solarzellen vom Dach versorgt werden - klimafreundlich und preisgünstig sind.

Entscheidend ist die Reduzierung klimaschädlicher Emissionen

Ferner kritisieren die sozialen Vermieter, dass im Zentrum der gesetzlichen Regelungen der technische Vorgaben wie beispielsweise die Installation von Gründächern stehen, aber die Frage, ob diese Anlagen am Ende wirklich die versprochene Reduzierung klimaschädlicher Emissionen bewirken, kaum kontrolliert wird.

Entscheidender wäre aus Sicht der Wohnungswirtschaft, dass wir regelmäßig die reale Minderung klimaschädlicher Emissionen der einzelnen technischen Lösungen überprüfen. Auf Grundlage dieser Ergebnisse kann dann jeder Eigentümer entscheiden, auf welchem Weg er die staatlich vorgegeben Klimaschutzziele erreichen will. Letztlich führen viele Wege nach Rom.

Zeitliche Vorgaben überprüfen

Die sozialen Vermieter stehen hinter dem Ziel der Energiewende, den Ausstoß schädlicher Emission auf Netto-Null zu reduzieren. Die Frage ist, ob die Ambitionen, das in dem bisher vorgegebenen Zeitrahmen zu schaffen, sinnvoll sind. Ich fürchte, dass die Menschen sich vom Klimaschutz abwenden - und damit wäre dem Klima nicht gedient.

Hamburg hat mit mehreren Studien die wissenschaftliche Grundlage für eine erfolgreiche Energiewende gelegt. Jetzt kommt es darauf an, diese Erkenntnisse mit den Möglichkeiten des Praxis zu versöhnen und einen pragmatischen Weg zu finden. „Follow the science“ gilt auch hier.

Hamburgs soziale Vermieter verstehen sich als Interessenvertreter ihrer Mieterinnen und Mieter. Sie sind aber auch Partner der Politik, wenn es gilt, die Energiewende in Hamburg erfolgreich umzusetzen. Dabei haben auch wir die ganze Stadt im Blick.“

22/11/2023

Der Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW) vertritt in Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein insgesamt 430 Wohnungsgenossenschaften und Wohnungsgesellschaften. In den von ihnen verwalteten 740.000 Wohnungen leben rund 1,5 Millionen Menschen. Die durchschnittliche Nettokaltmiete pro Quadratmeter liegt bei den VNW-Unternehmen bei 6,41 Euro. Der VNW ist der Verband der Vermieter mit Werten.

V.i.S.P.: Oliver Schirg, Verband Norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW), Referat Kommunikation, Telefon: +49 40 52011 226, Mobil: +49 151 6450 2897, Mail: schirg@vnw.de

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