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Westfalen-Blatt: zum Fall Edathy

Bielefeld (ots)

Die Polizisten, die am Montag zur Hausdurchsuchung nach Rehburg ausrückten, sollen die Zieladresse erst kurz vorher erfahren haben - die Wohnung des zwei Tage zuvor zurückgetretenen SPD-Bundestagsabgeordneten Sebastian Edathy. Doch diese Vorsichtsmaßnahme der Staatsanwaltschaft Hannover lief ins Leere. Niemand der Strafverfolger hatte damit gerechnet, dass Edathy längst gewarnt sein könnte. Doch das, was die Polizisten bei der Durchsuchung von Wohnung und Büros vorfanden, legt diesen Verdacht nahe: Reste einer zerstörten Festplatte hätten sie entdeckt, berichtet der NDR, alle anderen Computer seien verschwunden gewesen. Es wird sich vielleicht nie mehr klären lassen, wer Edathy informiert hat. Klar ist seit gestern aber, dass der Kreis derjenigen, die seit Monaten von Ermittlungen im Ausland wussten, wahrscheinlich unüberschaubar ist. Ausgerechnet der damalige Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU), Dienstherr des Bundeskriminalamts, hatte den SPD-Vorsitzenden Siegmar Gabriel im Oktober informiert, der Name Edathy sei bei Ermittlungen im Ausland aufgetaucht. Gabriel erzählte es seinen Parteifreunden Frank-Walter Steinmeier und Thomas Oppermann, und die? Eine mögliche Strafvereitelung durch Friedrich, wie sie FDP-Schreihals Wolfgang Kubicki gestern angedeutet hat, liegt wahrscheinlich nicht vor. Denn dafür hätte Friedrich, so steht es im Gesetz, »absichtlich und wissentlich« eine Strafverfolgung Edathys verhindern müssen. Aber Geheimisverrat - ja, den kann man dem heutigen Agrarminister Friedrich möglicherweise vorwerfen. Es ist nicht so recht klar, warum der CSU-Mann mit seiner Plauderei im Oktober riskiert hat, sich ein Ermittlungsverfahren einzuhandeln. Vielleicht war ja dieselbe schlichte Unbedarftheit, die er schon angesichts der millionenfachen Ausforschung deutscher Bürger durch die USA an den Tag gelegt hat. Oder war es doch Berechnung? Sollte dem künftigen Partner in der Großen Koalition bedeutet werden, den durch den NSU-Untersuchungsausschuss bekanntgewordenen Edathy besser nicht für ein Amt vorzusehen, weil ein möglicher Skandal Monate später die Koalition getroffen hätte? Und welche Rolle spielt BKA-Präsident und SPD-Mitglied Jörg Ziercke? SPD-Fraktionschef Oppermann hat gestern erklärt, er habe Ziercke im Oktober angerufen und sich die Informationen bestätigen lassen. Ziercke konterte, das stimme nicht. Er habe sich lediglich angehört, was Oppermann gesagt habe, habe das aber nicht kommentiert. Ist diese Darstellung lebensnah? Glaubhaft? Ziercke weiß, dass es ihn sein Amt kosten kann, wenn er gegenüber einer völlig unbeteiligten Person wie Oppermann Dienstgeheimnisse ausplaudert - zumal zu einem Zeitpunkt, zu dem noch keine Beweise gesichert waren. Die Affäre hat erst begonnen. An ihrem Ende könnten ein neuer Agrarminister und ein neuer BKA-Präsident gebraucht werden.

Pressekontakt:

Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

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