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Mittelbayerische Zeitung: Wird die rote Linie überschritten? Die Europäische Zentralbank droht zur Schuldenbank ohne Grenzen zu werden. Leitartikel von Reinhard Zweigler

Regensburg (ots)

Als vor 20 Jahren die Pläne zur Schaffung einer europäischen Gemeinschaftswährung Formen annahmen, galt eine Prämisse als unumstößlich: Die künftige Europäische Zentralbank (EZB) müsse so gnadenlos der Stabilität der Währung verpflichtet sein wie die Bundesbank. Von der Politik weitgehend unabhängig, nur dem hehren Ziel verpflichtet. So steht es auch sinngemäß in den Gründungsdokumenten, die weiland von Helmut Kohl und Theo Waigel ausverhandelt und unterzeichnet worden sind. Dass über zehn Jahre nach Einführung des Euro die Krise galoppiert, konnte seinerzeit freilich niemand ahnen. Die Euro-Begründer waren davon ausgegangen, dass dem Druck aus der Währungsverzahnung unweigerlich der Druck zur weiteren politischen Integration folgen werde. Ein verhängnisvoller Irrglaube, wie wir heute erleben müssen. Die Gemeinschaftswährung ist zu einer Währung mit erhöhten Risiken geworden. Investoren beäugen argwöhnisch jedes Wackeln. Die Währungsmalaise liegt freilich nicht allein an den waghalsigen und höchst fragwürdigen Spekulationen auf den Finanzmärkten gegen den Euro, sondern vor allen an den überbordenden Schulden der allermeisten Euro-Staaten. Viele südeuropäische Staaten willigten nur allzu gern in den Euro ein, weil sie glaubten, die Vorteile der stabilen Währung genießen zu können, freilich ohne eigene Kraftanstrengungen zu unternehmen und ohne die eigene Wirtschaft und die Sozialsysteme auf Vordermann zu bringen. Ebenfalls weit gefehlt. Wenn allerdings nun, angeführt von EZB-Chef Mario Draghi, die zur Stabilität verpflichtete Bank zum unbegrenzten Ankauf von maroden Staatsanleihen notleidender Staaten übergehen sollte, dann wäre in der Tat der Rubikon überschritten. Die EZB bekäme im Grunde die Lizenz zum unbegrenzten Gelddrucken. Das bedeutete nicht nur die grenzenlose und indirekte Staatsfinanzierung durch die Gemeinschaftsbank, sondern die Abkehr von ihrer Stabilitätsverpflichtung. Dies wäre eine vollkommen andere EZB, als einst vertraglich vereinbart. Draghi hat mit seinem Satz, die EZB werde "alles Notwendige tun, um den Euro zu erhalten", die Hand an das Fundament des stabilen Euro und der EZB selbst gelegt. Widerstand gegen das süße Gift des unbegrenzten Schuldenmachens ist dringend angesagt. Von Merkel, von Schäuble von Bundesbankchef Weidmann. Der Kauf von Staatsanleihen soll aus Sicht der Befürworter die hohen Zinsen drücken, die Problemländern wie Spanien oder Italien auf den Kapitalmärkten drohen oder bereits längst verlangt werden. Doch was kurzfristig Entlastungen bringen mag, ist auf Dauer betrachtet eine teuflische Medizin. Die niedrigeren Zinsen für die Krisenstaaten würden mit einer gigantischen Geldblase erkauft, die über kurz oder lang als Inflations-Welle, wenn nicht gar Tsunami über die Euro-Länder kommen würde. Freilich hat der Sündenfall der EZB bereits stattgefunden. Vor zwei Jahren begannen die Zentralbänker griechische Ramschanleihen in Milliardenhöhe aufzukaufen. Über 200 Milliarden Euro wurden auf diese Weise bereits "verbrannt". Ob der künftige Rettungsmechanismus (ESM) und die Schuldenbremse des Fiskalpaktes ausreichen werden, um weiteres Geldvernichten durch Gelddrucken zu verhindern, ist freilich ungewiss. In der EZB, in Euro-Land geht es mittlerweile um alles. Kühle Rechner und visionäre Politiker sind gefragt, keine Schuldenaufkäufer ohne Grenzen.

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