ver.di Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft
Medien-Info: Jobcenter-Beschäftigte am Limit: Bundesregierung verschärft mit Bürgergeld-Reform die Bürokratiepflichten – und damit die ohnehin prekäre Arbeitsbelastung
Jobcenter-Beschäftigte am Limit: Bundesregierung verschärft mit Bürgergeld-Reform die Bürokratiepflichten – und damit die ohnehin prekäre Arbeitsbelastung
Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) fordert für die Umsetzung der geplanten Reformmaßnahmen beim Bürgergeld (13. SGB-II-Änderungsgesetz) eine angemessene Ausstattung der Jobcenter mit Personal und Ressourcen, damit die erneut steigenden Anforderungen an die Beschäftigten nicht zu immer mehr Überlastung führen.
Das Bundeskabinett hatte an diesem Mittwoch verschärfte Regeln für das bisherige Bürgergeld beschlossen, das künftig den Namen „Grundsicherungsgeld“ trägt. Sowohl die höheren Mitwirkungspflichten als auch die Leistungsminderungen bei nicht erfolgter Mitwirkung bedeuteten für die Jobcenter-Beschäftigten deutlich mehr Betreuungs- und Dokumentationsaufwand, argumentiert die Gewerkschaft: Die Bürokratienotwendigkeiten nähmen erneut zu, ohne dass die Jobcenter mehr Personalressourcen zur Verfügung gestellt bekämen.
„Die Beschäftigten arbeiten seit Jahren an der Belastungsgrenze“, sagte die stellvertretende ver.di-Vorsitzende Christine Behle. „Aber statt dieses Problem zu lösen, setzt die Bundesregierung mit ihrer Reform noch eins drauf. Die Verschärfungen bedeuten in der Praxis, dass nicht nur der Druck auf Arbeitslose steigt, sondern auch auf die Beschäftigen in den Jobcentern.“
ver.di veranstaltet derzeit – im Rahmen der Gewerkschaftskampagne „Wir ziehen die Notbremse“ – eine Umfrage unter Jobcenter-Beschäftigten zu ihrer Arbeitssituation. Mehr als 4.500 Beschäftigte haben sich daran bereits beteiligt, darunter knapp 2.000 aus den Bereichen Arbeitsvermittlung und Fallmanagement. Die Umfrage läuft noch bis zum März 2026, aber schon eine aktuelle Zwischenauswertung zeigt die massiven Belastungen durch Personalmangel, sehr hohe Fallzahlen pro Mitarbeitendem und dadurch starken psychischen Druck, der zu immer mehr Erkrankungen und Frustration führt.
Laut der Zwischenauswertung nennen vier von zehn Befragten die unzureichende Personalausstattung als zentrales Problem ihres Arbeitsalltags. Fast die Hälfte (47,2 Prozent) der Arbeitsvermittlerinnen und -vermittler bewertet die derzeitige Belastung als „eher hoch“, ein weiteres Drittel (33,8 Prozent) sogar als „sehr hoch“. Besonders alarmierend: Fast 70 Prozent aller befragten Jobcenter-Beschäftigten geben an, bereits gesundheitliche Auswirkungen zu spüren. So berichten knapp 40 Prozent von häufiger Erschöpfung und hohem Stress. Nahezu jeder Zehnte war bereits deswegen krankgeschrieben.
Statt einer nachhaltigen Stärkung der Integrationsarbeit in Richtung Arbeitsmarkt droht mit der SGB-II-Reform eine Wiederkehr der Kontroll- und Sanktionslogik, die weder den Leistungsberechtigten noch den Beschäftigten gerecht wird, so die Gewerkschaft. ver.di fordert den Deutschen Bundestag daher auf, den Gesetzentwurf der Bundesregierung grundlegend zu verbessern: Notwendig seien eine deutliche Aufstockung des Personals in den Jobcentern, eine Entlastung von bürokratischen Aufgaben und eine nachhaltige Stärkung der Integrationsarbeit.
„Wer gute Arbeitsmarktintegration will, muss für gute Arbeitsbedingungen in den Jobcentern sorgen“, erklärte die ver.di-Vizevorsitzende Behle. „Die Befragung der Beschäftigten aus den Jobcentern zeigt eindeutig: So wie bisher kann es nicht weitergehen.“
V.i.S.d.P.
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