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Aufruf zivilgesellschaftlicher Organisationen: Nein zum EU-Mercosur-Handelsabkommen

Aufruf zivilgesellschaftlicher Organisationen: Nein zum EU-Mercosur-Handelsabkommen
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Noch vor Ablauf des Jahres 2025 soll im Rat der Europäischen Union über das kontroverse Handelsabkommen zwischen der EU und dem südamerikanischen Wirtschaftsbund Mercosur abgestimmt werden. Dann muss auch die deutsche Bundesregierung eine Entscheidung treffen – steht sie für eine gerechte Handelspolitik im Sinne zukünftiger Generationen und einer lebenswerten Zukunft für alle ODER verfestigt sie mit ihrer Zustimmung Abholzung, Ausbeutung und Umweltzerstörung in Ländern des Globalen Südens und ein Voranschreiten der Klimakrise?

Die unterzeichnenden Organisationen, Bündnisse und Bewegungen rufen die Bundesregierung um Kanzler Friedrich Merz dazu auf, das EU-Mercosur-Handelsabkommen abzulehnen! Die Gefahren, die dieses Abkommen birgt, wiegen schwerer als dessen vermeintliche Vorteile. Denn:

Mindestens 700.000 Hektar Wald, darunter auch der Amazonas Regenwald, würden abgeholzt, um die gewachsenen Einfuhrquoten von Rindfleisch, Agrosprit und anderen Exporten in die EU zu generieren. Die dadurch entstandenen CO2-Emissionen entsprechen den jährlichen Emissionen Chiles. Das Abkommen befeuert damit die Klimakrise und treibt die Zerstörung sensibler Ökosysteme voran. Dies bedroht überproportional die Territorien der Indigenen Völker. Schlimmer noch, der neu verhandelte Ausgleichsmechanismus ist nicht nur ein Angriff auf die Europäische Entwaldungsrichtlinie, sondern auch dazu geeignet, zukünftige Umwelt- und Klimaschutzmaßnahmen zu untergraben und Menschenrechte, Klimaschutz und wirtschaftliche Entwicklung gegeneinander auszuspielen.

Das EU-Mercosur-Abkommen garantiert weder effektive Arbeitsrechte, noch ökologische Nachhaltigkeit oder nachhaltige Entwicklung in den Wirtschaftsblöcken.“ Stattdessen werden Unternehmen mit vereinfachtem und vergünstigtem Marktzugang hofiert, ohne deren Aktivitäten verbindlich zu regulieren. Deswegen lehnen sowohl der Europäische Gewerkschaftsbund als auch sein südamerikanisches Pendant, die Coordinadora de Confederaciones Sindicales del Conor Sur (CCSCS) das Abkommen ab. Zudem sendet das Abkommen ein Zeichen an die rechts-autoritären Regierungen des Mercosur in Argentinien und Paraguay, dass deren Missachtung sozialer Menschenrechte, demokratischer Teilhabe und die gewaltsame Niederschlagung von Protesten unproblematisch sind.

„Ein Abkommen, das keine wirksamen Menschenrechtsgarantien enthält, wird in diesem politischen Klima zwangsläufig zu mehr Vertreibung, Gewalt und Landraub führen. In Ländern, in denen autoritäre Regierungen demokratische Rechte einschränken und Proteste unterdrücken, trifft dies zuerst indigene Aktivisten“, warnt Jan Königshausen, Referent für Indigene Völker von der mitunterzeichnenden Menschenrechtsorganisation Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV).

Das Abkommen gefährdet außerdem die Gesundheit der Menschen beiderseits des Atlantiks. Denn es fördert landwirtschaftliche Monokulturen im Mercosur, die auf den massiven Einsatz von Pestiziden angewiesen sind. Dabei handelt es sich häufig um Pestizide, die in der EU aufgrund ihrer Schädlichkeit für die Gesundheit der Menschen und die Umwelt nicht zugelassen sind. Allein in der letzten Dekade ist die Pestizidnutzung in Brasilien über 78% angestiegen. Die ländliche Bevölkerung leidet unter Pestizidvergiftungen, verseuchtem Trinkwasser und extrem hohen Krebsraten. Das EU-Mercosur-Abkommen schafft Zölle auf Pestizidimporte in den Mercosur ab. Davon profitieren große Chemieunternehmen, wie Bayer, BASF und Alzchem - aber nicht die Menschen im Mercosur. Auch europäische Verbraucher*innen wären über Re-Importe verstärkt diesen hochschädlichen Pestiziden ausgesetzt. Bereits jetzt importiert die EU unter anderem aus Brasilien Lebensmittel, auf denen Rückstände von hier nicht zugelassenen, hochschädlichen Pestizide gefunden werden. Auch die europäische Verbraucher*innenorganisation (BEUC) warnt, das Abkommen schütze Verbraucher*innen wahrscheinlich nicht ausreichend.

Das Handelsabkommen ist ein Angriff auf die bäuerliche und ökologische Landwirtschaft auf beiden Seiten des Atlantiks, gefährdet die Versorgung mit guten und gesunden Lebensmitteln und erhöht den Preisdruck auf Landwirt*innen. Sowohl die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft und der deutsche Bauernverband, als auch der europäische Zusammenschluss der Bauern und Bäuerinnen COPA-COGECA, das European Milk Board sowie La Via Campesina Europa haben sich immer wieder gegen das EU-Mercosur-Abkommen ausgesprochen.

Die unterzeichnenden Organisationen rufen die deutsche Bundesregierung dazu auf: Stimmen Sie für die Zukunft des Planeten und gegen das EU-Mercosur-Handelsabkommen!

Folgen Sie den Einschätzungen von Gewerkschaften, Umweltorganisationen, Verbraucher*innenschutzverbänden und Vertreter*innen der Bauernschaft. Sagen Sie Nein zum EU-Mercosur-Abkommen!

Sie erreichen Jan Königshausen von der GfbV unter j.koenigshausen@gfbv.de oder 0551/49906-14.

Liste der unterzeichnenden Organisationen:

https://docs.google.com/spreadsheets/d/1YABCBRpCMLU4i4lBCUSPTOqVX4IY1IMD5VPykC2Wf2Y/edit?gid=0#gid=0

Gesellschaft für bedrohte Völker
Pressereferat
Sarah Neumeyer
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D-37010 Göttingen
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 www.gfbv.de
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