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Haftstrafe für prokurdische Politiker in der Türkei: „Bundesregierung muss sofortige Freilassung von Demirtaş fordern“

Die Gesellschaft für bedrohte Völker ist entsetzt über die Urteile gegen mehrere demokratische prokurdische Politiker in der Türkei und kritisiert diese aufs schärfste. „Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan schaltet gezielt seine politischen Gegner aus. Die deutsche Bundesregierung sollte das nicht stillschweigend hinnehmen und den Kobane-Prozess öffentlich verurteilen sowie die sofortige Freilassung von Selahattin Demirtaş und anderen HDP-Politikern fordern“, sagte Tabea Giesecke, Referentin für ethnische, sprachliche und religiöse Minderheiten, am Freitag. „Diese Urteile sind nicht nur ein Instrument gegen politische Gegner, sondern auch ein weiterer Einschüchterungsversuch gegen die kurdische Bevölkerung in der Türkei.“

Der seit 2016 verhaftete frühere Vorsitzende der prokurdischen HDP-Partei, Selahattin Demirtaş, wurde am 16. Mai zu 42 Jahren Haft verurteilt. Die frühere Ko-Vorsitzende der HDP, Figen Yüksekdag, wurde zu 30 Jahren und drei Monaten Haft verurteilt. Die Urteile sind Teil des politisch motivierten Kobane-Prozesses. Selahattin Demirtaş war vor seiner Verhaftung einer der stärksten politischen Konkurrenten des amtierenden türkischen Präsidenten Erdoğan.

Schon 2020 wurde vom Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) die Freilassung von Demirtaş angeordnet. „Diese Anordnung vom Gerichtshof ist bindend. Trotzdem wurde Demirtaş nicht freigelassen, sondern sogar zu einer weiteren Haft verurteilt. Die türkische Regierung zeigt damit, dass sie die Einhaltung von Menschenrechten und Rechtsstaatlichkeit mit Füßen tritt“, sagt Giesecke.

Die Kobane-Prozesse sind eine politisch motivierte Reaktion auf Proteste im Jahr 2014, zu denen die HDP über Twitter aufgerufen hatte. Bei den Protesten wurde die türkische Armee dafür kritisiert bei der Belagerung der syrisch-kurdischen Grenzstadt Kobane durch Daesh (auch als sogenannter Islamischer Staat bekannt) tatenlos zuzuschauen. Die Generalstaatsanwaltschaft Ankara legt den Twitter-Beitrag als Aufruf zu Gewalt aus. Laut der Großen Kammer des EGMR liegen für diese Annahme aber keine Beweise vor.

Sie erreichen Tabea Giesecke unter t.giesecke@gfbv.de oder 0551 49906-19.

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